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Ein Lichtkeil ins Dunkel

Der Banken-Untersuchungsausschuss lädt den Wirtschaftsprüfer Achim Walther, der schon 1997 vor den Risiken im Immobilienfondsgeschäft warnte. Sein Bericht verschwand später in den Schubladen

von RICHARD ROTHER

Der Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Bankenaffäre könnte in seiner heutigen Sitzung ein Stück weiterkommen. Geladen ist auch der Wirtschaftsprüfer Achim Walther, der bereits im Juli 1997 einen internen Bericht verfasst hatte, der vor den Risiken durch das Immobilienfondsgeschäftes der Bankgesellschaft warnte. Der Bericht, den Verantwortlichen offenbar unlieb, verschwand später in den Schubladen und ist nach Angaben der Bank im Frühjahr dieses Jahres entdeckt worden. Walther könnte also nicht nur über den Inhalt, sondern auch über den weiteren Verbleib seines Berichtes Auskunft geben.

Das Ganze ist deshalb brisant, weil die Verantwortlichen zum damaligen Zeitpunkt möglicherweise noch hätten gegensteuern können. Zwar waren die meisten Fondsgeschäfte, die später die mehrheitlich landeseigene Bank an den Rand des Ruins getrieben haben, schon getätigt – ein früheres Eingreifen hätte aber die Folgen lindern können. Dass die Geschäftsidee der Bankgesellschaft scheitern könnte, muss im Walther-Bericht zumindest angedeutet gewesen sein. Diese Geschäftsidee war: mit der Auflage von Immobilienfonds, die den Kunden weit über dem marktüblichen liegende Sonderkonditionen in puncto Rendite und Risiko offerierten, schnell zum deutschen Marktführer in diesem Geldanlagegeschäft aufzusteigen und andere Großbanken auszustechen, mit denen sich die Berliner gerne maßen.

Das Ganze funktionierte nach einer Art Schneeballsystem: da die Immobilienfonds nicht die geünschten Erträge erwirtschafteten, musste immer neues, frisches Geld akquiriert werden. Ein Feld, auf dem Korruption und Betrug gedeihen konnten. So sollen auch wertlose Immobilien in die Fonds geschoben worden sein – die Bankgesellschaft, und mit ihr letzten Endes die Berliner, würden für die Rendite schon garantieren.

Hier will der Untersuchungsausschuss helfen, Licht ins Dunkel zu bringen. Birger Scholz, Aktivist in der „Initiative Berliner Bankenskandal“ steht dem Ausschuss dennoch skeptisch gegenüber. Dass Walther erst vorgeladen werde, nachdem sein Bericht öffentlich bekannt worden ist, lasse am unbedingten Aufklärungswillen zweifeln. In der Tat lag dem Gremium der Bericht seit längerer Zeit vor, unter dem Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht wurde er jedoch nicht publik.

Scholz fordert statt des Ausschusses ein unabhängiges Expertengremium. Scholz: „Die Rolle der Aufsichtsräte, in denen hochrangige CDU- und SPD-Politiker saßen, muss endlich beleuchtet werden.“ Geklärt werden müsse, wer wann wovon gewusst habe und dennoch nicht eingeschritten sei. Scholz begrüßt die FDP-Forderung, die Protokolle der Aufsichtsratssitzungen der Bankgesellschaft und ihrer Töchter auszuwerten.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO, die 1997 den Jahresabschluss der Immobilientochter IBG der Bankgesellschaft testiert hatte, hat inzwischen die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zurückgewiesen, sie hätte auf Grund der Kenntnis des Walther-Berichts wissentlich falsche Bilanzen aufgestellt. Zwar dementiert die BDO nicht die Existenz entsprechender Passagen des Walther-Berichtes, die in Medienberichten zitiert wurden. Der Bericht sage jedoch mehrfach genau das Gegenteil aus.

So werde der Walther-Bericht zur Eintrittswahrscheinlichkeit von Risiken aus Mietgarantien mit der Aussage zitiert, „die IBG ist durch Mietgarantien über 25 Jahre und die angebotenen Andienungsrechte so hohe wirtschaftliche Risiken eingegangen, die sie aus heutiger Sicht vielleicht nicht alleine bewältigen kann.“ Dagegen heiße es an anderer Stelle im selben Bericht: „Bei allen Überlegungen darf nicht vergessen werden, dass das Risiko mit steigender Geldentwertung erheblich sinkt, weil die damit verbundene Mietentwicklung und Substanzwertorientierung die Ausgangslage völlig verändern kann.“ Der Walther-Bericht sieht laut BDO die IBG nur dann „vor Probleme gestellt“, wenn sich „die Europäische Währungsunion überraschend zu einer langfristigen Stabilitätsgemeinschaft enwickeln sollte.“ 1997 war die Diskussion um den Stabilitätspakt zur Währungsunion jedoch in vollem Gange.

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