Bußgeldbewehrtes Spuckverbot: Geheime Hotelier Träume
Kaugummifreie Zone
Es sieht schlecht aus: Die Übernachtungszahlen in Bremen sind rückläufig, das großartig beworbene Musicaltheater gibt‘s nicht mehr, die Stimmung unter den Hoteliers ist mies: Welch ein Glück, dass es Verbände gibt, die zu jedem Problem eine ebenso einfache wie geniale Lösung parat haben: Die Hansestadt müsse eben dringend ihr Stadtmarketing verbessern, hebt jetzt die Fachgruppe „Großbetriebe –Touristik“ des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) stoiberhaft wissend den Zeigefinger.
Edles Marktpflaster, bitte kaugummifrei
Und wie das genau gehen soll, liegt für den DEHOGA sonnenklar auf der Hand: Erstens müsse der „Space Park“ als das neue nationale Entertainment-Center vermarktet werden, eine „deutschlandweite TV-, PR- und Hörfunkkampagne“ solle ihm ein grandioses Image verschaffen. Zweitens müsse Bremen unbedingt mehr überregional wirksame „Events“ und Tagungen in die Stadt locken. Drittens gelte es den Kartenvorverkauf kundenorientierter zu gestalten, weshalb man „die Zeitfenster erweitern“ müsse, innerhalb derer Tickets gekauft werden können.
So weit, so gut. Doch mit seinem vierten Vorschlag schließlich reißt der DEHOGA die Stadt endgültig aus dem Marketing-Dämmerschlaf: Die Innenstadt soll kaugummifrei werden! Einmalig wäre das bislang in Deutschland! Das derbe Kaugummi-Ausspucken, so die den Verbandsaufruf unterzeichnenden, sehr vornehmen Spitzenhoteliers, sei eine „Verunreinigung öffentlichen Grundes“ und fürderhin als „bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit zu ahnden“.
Obern- und Sögestraße seien schon mit einer „neuen, hochwertigen Pflasterung versehen“ worden, auf dem Marktplatz würden die edlen Dinger derzeit verbuddelt. Welch grauenhafte Vorstellung, dass das teure Gestein bereits nach kurzer Zeit „erhebliche Verunreinigungen aufweisen“ könnte. Da bedarf es laut DEHOGA schon eines satten Bußgeldes, um die Kosten der „konstant erforderlichen Reinigung“ begleichen zu können.
Von Singapur lernen: Knast für Kauer
Die sauberen DEHOGA-Vertreter sollten zum Ausfeilen ihrer Ratschläge den Blick nach Singapur wenden: Dort wird das Kaugummi-Ausspucken auf die Straßen nicht nur mit satten Geldstrafen, sondern mitunter sogar mit ein paar Tagen Knast bestraft. Der Kaugummiverkauf ist dort konsequenterweise natürlich ganz verboten, und Zivilfahnder werden eingesetzt, um Jagd auf die Delinquenten zu machen.
JOX
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