: Zweite Runde für Energiefusion
Wirtschaftsstaatssekretär Tacke genehmigt abermals die Übernahme der Ruhrgas AG durch den E.ON-Konzern. Schärfere Auflagen sehen mehr Gasverkauf an die Konkurrenz vor. Diese kündigte bereits an, erneut Beschwerde einlegen zu wollen
von HANNES KOCH
Das Bundeswirtschaftsministerium ist seiner industriepolitischen Linie treu geblieben und hat zum zweiten Mal die Übernahme der Ruhrgas AG durch den Energiekonzern E.ON (früher Veba und Viag) genehmigt. Strahlend präsentierte Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke gestern das Dienstsiegel auf der letzten Seite der 49-seitigen Verfügung, die den Unternehmen am vergangenen Mittwoch zugestellt wurde.
Die abermalige Entscheidung war notwendig geworden, weil das Oberlandesgericht Düsseldorf die erste Genehmigung der Firmenehe auf Beschwerden von Konkurrenzunternehmen für nichtig erklärt hatte. Die Richter hatten unter anderem bemängelt, dass Tacke bei der ersten Anhörung der Verfahrensbeteiligten nicht persönlich anwesend war. Beim zweiten Mal führte er die Verhandlung selbst und hofft nun, dass das Gericht seiner Genehmigung zustimmt. Einen entsprechenden Antrag, der die Fusion ermöglichen würde, will das Wirtschaftsministerium noch diese Woche stellen. Vertreter verschiedener Konkurrenzfirmen haben freilich schon angekündigt, abermals Beschwerde gegen die Ministeriumsentscheidung einzulegen.
Im Mittelpunkt des neuen Verfügungstextes, der der taz vorliegt, stehen verschärfte Auflagen für E.ON-Ruhrgas, die die Machtposition des europaweit größten kombinierten Strom- und Gaskonzerns reduzieren sollen. Insgesamt 200 Milliarden Kilowattstunden Gas soll Ruhrgas an Konkurrenzunternehmen verkaufen. In der ersten Genehmigung waren es nur 75 Milliarden. Der Verkauf soll andere Anbieter stärken und eine freiere Gestaltung der Preise ermöglichen.
Für den Verkauf schreibt das Wirtschaftsministerium das Verfahren einer Auktion vor. Erstmals zum 1. Oktober 2003 werden elf Milliarden Kilowattstunden Gas an die Konkurrenz versteigert. Die Menge steigt auf jährlich 33 Milliarden für die Jahre 2005 bis 2009, um dann bis 2012 wieder auf elf Milliarden zu sinken. Ab 2013 wird nichts mehr versteigert.
Die maximale jährliche Verkaufsmenge entspricht etwa 3,5 Prozent des derzeitigen deutschen Jahresverbrauchs und rund 7 Prozent des Jahresabsatzes der Ruhrgas.
Die Versteigerung startet bei 95 Prozent des Preises, der normalerweise beim Import von Gas nach Deutschland bezahlt werden muss. Die Bieter können sich gegenseitig hochtreiben. Dass Ruhrgas mehr bekommt als den durchschnittlichen Marktpreis, hält das Wirtschaftsministerium allerdings für unwahrscheinlich – schließlich gebe es noch andere Einkaufsquellen als Ruhrgas.
Wie aus dem Wirtschaftsministerium zu hören ist, wollte man dort die zu versteigernde Menge nicht höher und den Mindestpreis nicht niedriger ansetzen, weil zumindest ein Konkurrenzunternehmen für diesen Fall mit einer Klage gedroht hatte.
Die freien Gasmengen, so heißt es, hätten die langfristigen Lieferverträge der Firma und ihre Preiskonditionen in Gefahr gebracht.
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