: berliner szenen Planlos in Berlin
Fräulein Nummer
Für frisch Zugezogene ist Berlin ein Irrgarten. Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass sich Menschen in Großstädten verlaufen – dafür gibt es ja diese meist zeltartigen Faltpläne. Wenn dem Neuzugang das Verläufnis allerdings derart einfach gemacht wird, dann liegt es nicht allein am Irrgänger.
Denn im Vergleich zu den meisten anderen deutschen Städten zählen die Berliner nicht ganz richtig. Sie numerieren ihre Häuser einfach durch – von eins gegen unendlich. Damit verletzen sie das sonst übliche System, bei dem eine Straßenseite die 2, 4, 6, 8, 10, die andere die 1, 3, 5, 7, 9 abbekommt. Da weiß man immer, in welche Richtung die Zahlen höher und in welche sie niedriger werden. Der Nutzwert der mathematischen Straßenführung in Berlin ist hingegen kleiner/gleich null.
Zum Beispiel in der Urban-/Ecke Grimmstraße. Ich war auf der Suche nach dem Haus mit der Nummer 27. In Richtung Hermannplatz lief es von 137 abwärts – und ich schloss daraus, dass die 27 dort zu finden sei. Dummerweise war die linke Straßenseite mit der Nummer 83 zu Ende, gegenüber ging das Gezähle wiederum nach unten. So hetzte ich die Urbanstraße zurück, machte einen auf Fräulein Nummer und fragte ahnungslose Passanten nach der 27. Tatsächlich war sie genau da zu suchen, wo ich angefangen hatte – nur eben auf der anderen Straßenseite.
Bei solchen Qualen nach Zahlen trauere ich meiner wohlgeordneten Heimatstadt hinterher, die zwei und zwei zusammenzählen kann und dementsprechend ihre Häuser numeriert. Zusätzlich gibt es hier noch eine weitere Orientierungshilfe: Straßen, die parallel zum Rhein verlaufen, haben ein blaues Straßenschild, zum Fluss senkrechte ein rotes. Aber das ist dann wirklich für ganz Doofe. JUTTA HEES
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