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Stimmenfang in der Romandie

Die Parolen der SVP finden jetzt auch in den französischsprachigen Kantonen Anklang

GENF taz ■ Für die SVP ist die Durchsetzung der „Asylmissbrauch“-Initiative ein wichtiges Etappenziel vor den Nationalratswahlen im Herbst 2003. Dann will sie die Sozialdemokraten – stärkste Fraktion im Berner Bundesparlament – überrunden und endlich ihren lautstark erhobenen Anspruch auf einen zweiten Minister in der siebenköpfigen Regierung durchsetzen. Für einen Wahlsieg muss die SVP den beiden anderen bürgerlichen Parteien Christliche Volkspartei (CVP) und Liberale/Freisinnige Stimmen abjagen und ihren eigenen Wähleranteil in der französischsprachigen Schweiz, der Romandie, deutlich erhöhen.

Bislang lagen die Mitglieder-und Wählerhochburgen der SVP in der Deutschschweiz. Bekanntester Vertreter der Partei ist der Rechtspopulist Christoph Blocher, milliardenschwerer Zürcher Unternehmer, Abgeordneter im Nationalrat und führender Matador aller Initiativkampagnen der letzten Jahrzehnte gegen eine „Überfremdung“, gegen den Beitritt zu UNO oder EU und für die Bewahrung der Neutralität der Schweiz. Noch im Herbst 2000 wurde eine Volksinitiative zur Begrenzung des Ausländeranteils in der Schweiz auf maximal 18 Prozent nirgendwo so deutlich abgelehnt wie in Genf und den anderen französischsprachigen Kantonen. Doch seitdem erzielte die SVP bei Kantons-und Kommunalwahlen in der Romandie mit Themen wie „Mehr Sicherheit“ sowie mit Forderungen nach Kriminalitäts- und Ausländerbegrenzung Aufsehen erregende Erfolge. Und laut Umfragen könnte bei der Abstimmung am Sonntag die Differenz zwischen den Landesteilen geringer ausfallen als je zuvor.

„Dank der SVP zeigt sich jetzt, dass der Röstigraben gar nicht so tief ist“, frohlockt die Lausannerin Gilberte Demont. Als „Westschweizer Koordinatorin“ der SVP soll Demont den weiteren Siegeszug der Partei bis zu den Wahlen im Herbst 2003 organisieren. „In der Romandie wächst vor dem Hintergrund von Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit die Empörung der Bevölkerung gegenüber der Geldverschwendung und der Laxheit des Bundesrates im Asylwesen“, begründet Demont die Chance der SVP auf einen Abstimmungserfolg am Sonntag. Die anderen bürgerlichen Parteien sähen die Probleme auch, „aber sie schweigen, weil sie keine Alternative zu unserer Initiative haben“.

Bei der „Internationalen Liga gegen Rassismus und Antisemitismus“ (Licra) in Genf bereitet die Zurückhaltung der anderen Parteien erhebliche Sorge. Licra-Präsident Alexandre Mariethoz befürchtet für den Sonntag „eine böse Überraschung“. „Das Politestablishment“ habe „das Risiko dieser Abstimmung völlig unterschätzt.“ ANDREAS ZUMACH

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