: Für Bremen und die SPD begeistern!
In den sechs Monaten bis zur Wahl will die SPD-Fraktion ein 100-Millionen-Euro-Konzept zur Steigerung der Attraktivität der Stadt erarbeiten. Das soll „für Bremen begeistern“. Umgesetzt wird es danach – wenn die SPD dann auch gewählt wird
Die SPD-Fraktion hat sich für die letzten Monate bis zur Wahl ein richtig populäres Programm vorgenommen: Nach Jahren der Sparpolitik soll nun für die Steigerung der Attraktivität der Stadt richtig investiert werden. Ein Investitions-Topf von 100 Millionen Euro soll für die nächste Legislaturperiode bereitgestellt werden, und die Zeit bis zum Wahltag will die SPD-Fraktion für die populäre Debatte nutzen, was daraus wie finanziert werden könnte. Diese und andere Pläne stellte Fraktionschef Jens Böhrnsen gestern vor – just zurückgekehrt von einer mehrtägigen Fraktionsklausur in Lüneburg.
Böhrnsens Begründung für die Attraktivitätsoffensive ist so schlicht wie einleuchtend: Nach allen Prognosen droht dem Städtestaat ein deutlicher Einwohnerschwund, und das kostet nach dem Länderfinanzausgleich richtig Geld – 3.000 Euro Steuergeld pro Kopf und Jahr gilt als die Größenordnung.
Geld auszugeben für eine attraktive Stadt, die Einwohner lockt, rentiert sich also. „Neujustierung der Sanierungspolitik“ ist die Devise. Das Geld für die lebenswerte Stadt soll wie alle anderen Investitionen über neue Schulden finanziert werden.
Nebenbei kommt es in Wahlkampfzeiten natürlich auch gut, über ein Konzept für mehr Lebensqualität zu diskutieren. Bremerhaven ist noch mehr als die Stadt Bremen vom Einwohnerverlust bedroht – die Seestadt soll daher mehr als das übliche Fünftel vom Bremer Investitionskuchen abbekommen, sagte Böhrnsen. Allerdings muss Bremerhaven sich selbst überlegen, wie es die Millionen einsetzen will.
Nach den Jahren, in denen das Wirtschaftsressort das Geld gezielt für touristische Projekte und die Besucher-Attraktionen in der Innenstadt ausgegeben hat, sollen nun die „Stadtviertel“ drankommen.
Wer Steuern zahlende Einwohner „für Bremen begeistern“ will, muss „in erster Linie die vielen attraktiven Kultur- und Freizeitangebote“ erhalten, heißt es in dem Konzept der SPD. Für die „Sanierung von Nebenstraßen“ soll endlich wieder Geld da sein, ebenso für die Modernisierung älterer Wohnviertel. Unter dem Stichwort „gepflegte und sichere Stadtviertel“ soll es zusätzliches Geld für das „neue Abfallkonzept“ geben, für die Reparatur beschädigter Schilder oder etwa für Aufräumaktionen auf Spielplätzen. „Schmuddelecken“ und „Angsträume“ sollen beseitigt werden. Und so weiter. Für die Bereiche der Bildung und der Vorschul-Erziehung soll es schon im Nachtragshaushalt für 2003 Geld geben: 24 Millionen Euro für Willi Lemke, 1,6 Millionen Euro für den Kita-Bereich.
„Einstimmig“ sei das beschlossen worden, unterstrich Jens Böhrnsen, und der Bürgermeister, der sich in der vergangenen Woche in der Bürgerschaft noch zur absoluten Priorität der Arbeitsplätze bekannt hatte, sei dabei gewesen und hätte zumindest nicht widersprochen.
Mit der Zustimmung der CDU zu diesem Konzept rechnet Böhrnsen nicht unbedingt. In der Bürgerschaftsdebatte sei deutlich geworden, dass der Koalitionspartner „den Schuss noch nicht gehört“ habe, meinte er – gemünzt auf die Bedrohung der Finanzen durch den Einwohnerverlust. In dem Positionspapier, das auf der Fraktionsklausur beschlossen wurde, heißt es unmissverständlich: „Einige wichtige Reformen, insbesondere zur Stärkung des liberalen Profils unserer alten Hansestadt, sind am Widerstand unseres Koalitionspartners gescheitert.“ Und: „Wir werden diese Vorhaben in der kommenden Legislaturperiode erneut auf die Tagesordnung setzen. Wir sind optimistisch“, heißt es weiter, „sie dann durchsetzen zu können“ – offenbar geht die SPD-Fraktion davon aus, dass sie dann nicht mehr auf die Stimmen der CDU angewiesen ist. „Wir streben Lösungen an, die von der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen werden“, heißt es siegessicher in dem Fraktionspapier.
K.W.
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