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In ungewohntem Tempo sucht und findet die indonesische Polizei neue Verdächtige und Bin-Laden-Tonbänder

BANGKOK taz ■ Die indonesische Polizei will in einer der Wohnungen des mutmaßlichen Drahtziehers der Bali-Anschläge, Imam Samudra, Videobänder und Bücher von Ussama Bin Laden entdeckt haben. Das Gebäude nahe der zentraljavanischen Stadt Solo sei nur drei Kilometer von der Islamschule Pondok Ngruki entfernt. Hier hatte noch bis vor kurzem der inzwischen verhaftete Abu Bakar Bashir, Gründungsvater der Schule und Führer der radikal-islamistischen Jemaah Islamiyah (JI) gewirkt.

Ein Nachbar des am vergangenen Donnerstag verhafteten Samudra hatte ausgesagt, jener habe das Haus für insgesamt drei Monate gemietet, sei aber drei Tage vor den Bali-Anschlägen ausgezogen. Bei einer weiteren Hausdurchsuchung in der Region wurden laut Polizeiangaben Munition und mögliche Utensilien zum Bombenbau gefunden. Der Chef der zum internationalen Ermittlungsteam gehörenden Australien Federal Police (AFP), Mick Keelty, bestätigte den Fund und betonte zugleich, dass es nach wie unklar sei, ob Ussama Bin Ladens Terrornetzwerk al-Qaida in die Bombenattentate verwickelt sei. Für jemanden von australischer Ermittlerseite ist das erstaunlich zurückhaltend. Schließlich waren es Australien und die USA, die al-Qaida und die JI von Anfang an hinter den Bali-Anschlägen vermutet hatten.

In der Tat muss angezweifelt werden, ob die Videos und Bücher als Beweise taugen. Materialien wie diese sind in indonesischen Städten, wo auf zahlreichen Märkten Bin-Laden-Shirts und ähnliche „Devotionalien“ verkauft werden, keine Seltenheit. Allerdings erklärte Keelty, dass noch sechs Verdächtige gesucht würden und mehrere hundert Kilogramm hochexplosiven Sprengstoffs, die in den Händen der Bombenbauer gewesen und bislang unauffindbar seien.

Samudra wurde zu weiteren Vernehmungen nach Jakarta gebracht. Wie die Tageszeitung The Australien unter Berufung auf Polizeikreise berichtet, habe der 35-Jährige zugegeben, bei der JI eine zentrale Rolle zu spielen. Auch soll er den Ermittlern verraten haben, dass die zweite Bombe in Paddy’s Bar in einem Rucksack dort hineingeschmuggelt und von einem Selbstmordattentäter gezündet worden war. Laut AFP-Chef Keelty stimmen diese Aussagen Samudras mit forensischen Untersuchungen der Bar überein.

Die Fortschritte der indonesischen Polizei, die am Sonntag noch drei weitere mutmaßliche Komplizen Samudras verhaftet hatte, lösen bei vielen Beobachtern auch Befremden aus: Politiker und muslimische Geistliche wundern sich über die raschen Fahndungserfolge. Schließlich war das Aufklärungstempo der zuständigen Behörden bei bisherigen Bombenanschlägen, bei Mordfällen oder bei der Suche des mehr als ein Jahr lang verschwundenen Expräsidentensohnes Tommy Suharto eher gemächlich. NICOLA GLASS

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