DIE EUROPÄISCHE UNION HAT IN DER ELFENBEINKÜSTE VIEL VERSÄUMT: Katastrophe mit Zuschauern
In der Elfenbeinküste werden die schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Der Waffenstillstand zwischen der Regierung im Süden und den Rebellen im Norden ist zusammengebrochen. Einen Monat lang hatten die beiden Seiten Zeit, sich bei den Friedensgesprächen in Togo näher zu kommen – das Ergebnis ist eine neue Kriegsrunde, bei der es jetzt nicht mehr nur eine Rebellenarmee gibt, sondern mindestens drei. Eine friedliche Lösung scheint unmöglich – nicht nur wegen der Kriegshetzerei auf allen Seiten, sondern auch weil die Lage viel zu unübersichtlich geworden ist, als dass überhaupt noch jemand repräsentative Friedensgespräche organisieren könnte.
Nicht nur die ivorischen Politiker sind verantwortlich dafür, dass es so weit kommen konnte. Westafrikas Staaten haben ausgerechnet Togo zum Gastgeber der Friedensverhandlungen ernannt, eine Diktatur, die wenig Interesse an einer befriedeten Elfenbeinküste haben kann – der Ausfall des Außenhandelshafen Abidjan beschert vor allem dem Hafen von Togos Hauptstadt Lomé Umsatz. Noch seltsamer ist es, dass Frankreich die Elfenbeinküste als innere Angelegenheit behandelt. Die einstige Kolonialmacht entsendet Kampfsoldaten und führt erfolglose politische Gespräche – völlig ohne UN-Beschlüsse oder EU-Konsultationen.
Die EU hat noch nicht begriffen, dass solche Alleingänge nicht zum Wunschtraum einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik passen. Sie macht lieber im Nahen Osten, wo das Gewicht Europas recht gering ist, den USA Konkurrenz, statt in Afrika Konfliktlösung zu betreiben, wo Europa aufgrund der kolonialen Vergangenheit und der aktiven politischen Beziehungen die einflussreichste Macht wäre. Auch Deutschland könnte in der Elfenbeinküste moderierend wirken, denn es existieren enge persönliche Bindungen: Der Sprecher der Rebellen ist ein ivorischer Student aus Frankfurt, die Tochter des Staatspräsidenten studiert in Berlin. Wird Joschka Fischer seinen französischen Kollegen beim nächsten EU-Außenministertreffen also auf die Elfenbeinküste ansprechen? Oder gar umgekehrt? Blöde Frage. DOMINIC JOHNSON
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen