DIE DOSENPFAND-VERWEIGERER HABEN ALLES FALSCH UND RICHTIG GEMACHT: Jetzt sinkt die Einwegquote noch schneller
„Chaos wegen Dosenpfand“ – der Schreckensruf der Einzelhändler drückt zwar schon aus, dass die Abgabe auf Einweg-Getränkeverpackungen nicht mehr zu verhindern ist. Aber die Behauptung zeigt auch, dass einige große Ketten ihren Widerstand gegen die ökologisch sinnvolle Maßnahme noch immer nicht aufgegeben haben, auch wenn sie nach ihren juristischen Niederlagen nur noch Zeit schinden wollen. Die politische Obstruktion eines Teils der Wirtschaft gegen die seit Jahren nach Inhalt und Zeitplan bekannte Verordnung ist in der deutschen Nachkriegsgeschichte beispiellos. Und wäre das Dosenpfand nicht schon von der Kohl-Regierung auf den Weg gebracht worden – wer weiß, ob ohne diese historische Rückendeckung die rot-grüne Koalition nicht weich geworden wäre und wenigstens einer Verlängerung der Fristen zugestimmt hätte. Dem Widerstand der Industrie hat sich Rot-Grün schließlich auch gebeugt, als Kanzler Schröder für die Entschärfung der EU-Altautoverordnung sorgte und mit der Laufleistung von Atomkraftwerken herumtrickste.
Die ökologischen Folgen der immer aufs Neue scheiternden Obstruktion gegen das Dosenpfand sind ein Segen. Blitzschnell listet nun der Handel die Getränkedosen aus, weil er nicht weiß, wie er sie zurücknehmen und wegschaffen soll. Für Getränkemärkte mit ihren Pfandglasecken wird 2003 das beste Jahr ihrer Geschichte werden. Und Abfüllern, die auf Mehrwegflaschen setzten, darf angesichts der Aufgeregtheit unter den Händlern das Herz im Leibe lachen: Sie werden die lästige Billigkonkurrenz aus Aluminium viel schneller los als noch vor einem Jahr gedacht.
Sobald eine Dosenpfandmarkierung auftaucht, ist dies ein schlechtes und kein gutes Zeichen – denn das Zeichen steht für Einweg und wird einige Dosenpreise fast verdoppeln. Als Verkaufsbremse bewirkt das Pfandgeld, was der Grüne Punkt nie schaffte: Abfallvermeidung. Wenn ein Einzelhändler nun wegen der Probleme mit seinem Getränkesortiment in Hektik verfällt, erhält er seine verdiente Strafe. Keine Dose ist eben besser als eine mit Pfand. DIETMAR BARTZ
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