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Arbeitsstandards in Bangladesch„Die GIZ ist nur Berater“

Vertreten die Deutschen in Bangladesch nur die Interessen der Unternehmer? Entwicklungshelfer Magnus Schmid widerspricht.

Retter beseitigen die Trümmer des Fabrikgebäudes Rana Plaza in Bangladesch. Bild: dpa
Hannes Koch
Interview von Hannes Koch

taz: Herr Schmid, über 1.000 Beschäftigte starben, als im April eine Textilfabrik in Bangladesch einstürzte, in der wohl auch Kleidung für Deutschland genäht wurde. Um solche Unfälle zu verhindern, betreibt die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) dort Entwicklungsprojekte. Die Kampagne für Saubere Kleidung kritisiert, die GIZ würde einseitig die Interessen der Firmen vertreten, nicht der Beschäftigten. Stimmt das?

Magnus Schmid: Nein. Wir haben zum Beispiel mit vier Organisationen, die Beschäftigte vertreten, 43 Frauencafés aufgebaut. Dort lernen die Arbeiterinnen, welche Rechte ihnen laut Arbeitsgesetz zustehen. Anwälte bieten Rechtsberatung an. Außerdem bilden wir die Frauen aus, Verhandlungen mit den Managern der Firmen zu führen.

Die Unternehmen beraten Sie aber auch?

Die GIZ führt unter anderem Abendkurse für mittlere Manager und Vorarbeiter in Fabriken durch. Dabei geht es darum, den Brandschutz zu verbessern, eine Art Betriebsfeuerwehr aufzustellen und die Fluchtwege freizuhalten.

Als nach dem Einsturz der Textilfabrik das neue Abkommen über Brandschutz und Gebäudesicherheit abgeschlossen wurde, bat das Arbeitsministerium von Bangladesch die GIZ außerdem, sich an der Ausbildung von 200 zusätzlichen Fabrikinspektoren zu beteiligen. Bisher verfügt das Arbeitsministerium nur über 19 Kontrolleure, die Tausende von Textilfabriken besuchen sollen – was natürlich nicht richtig funktioniert.

Ihre Kritiker argumentieren, die Missstände in den Betrieben ließen sich nur abstellen, wenn Gewerkschafter unabhängige Kontrollen durchführen könnten. Bemüht sich die GIZ, dies zu ermöglichen?

Bild: GIZ
Im Interview: Magnus Schmid

42, leitet für die staatliche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit das Projekt für die Erhöhung sozialer und ökologischer Standards in der Textilindustrie Bangladeschs.

Wir sind Berater und können uns nicht politisch engagieren. Unser Ansatz besteht deshalb darin, Trainer auszubilden, die in den Firmen einen Dialog zwischen Geschäftsleitung und Beschäftigten initiieren und aufrechterhalten. In zwei chinesischen Fabriken, die in den Exportzonen von Dhaka arbeiten, haben wir damit beispielsweise gute Erfahrungen gemacht.

Dort war es zu heftigen Arbeiterprotesten gekommen, Produktionsanlagen wurden demoliert. Zwei Trainer, die die GIZ ausgebildet hat, waren darauf an der Schlichtung zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten beteiligt. Ergebnis unter anderem: Einige Manager wurden entlassen, protestierende Arbeiter aber nicht.

Können Sie Verbesserungen nennen, die Sie für die Beschäftigten erreicht haben?

In vielen Firmen finden wir ähnliche Probleme vor: Das Trinkwasser ist verschmutzt, die Toiletten sind dreckig, die Treppen werden oft als Lager missbraucht, wodurch die Arbeiterinnen die Gebäude nur mühsam verlassen können, es gibt Fehler bei der Auszahlung der Löhne.

Den Trainern, die wir ausbilden, gelingt es, solche Missstände nach und nach zu beheben. Den Erfolg dieser Arbeit kontrolliert die GIZ auch. Dabei sehen wir beispielsweise, dass tatsächlich Feuerlöscher angebracht wurden, die Türen nun nach außen statt nach innen öffnen, was die Flucht im Brandfall erleichtert. Und, dass Gitter an den Fenstern entfernt wurden.

Firmen wie Lidl oder KiK werden dafür kritisiert, dass die Arbeiterinnen in den Fabriken vor Ort nur Löhne von etwa 30 Euro pro Monat erhalten. Setzt sich die GIZ dafür ein, dass die Löhne steigen?

Viele Unternehmen in Südostasien zahlen nur den staatlich festgelegten Mindestlohn. Angesichts einer Inflationsrate in Bangladesch von bis zu zehn Prozent deckt dieser kaum die Lebenshaltungskosten ab. Was wir tun können, ist, dieses Thema in Diskussionen mit Regierung, Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Kürzlich haben wir auch Firmen als positive Beispiele präsentiert, die mehr zahlen.

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6 Kommentare

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  • BN
    Balkan nach Indien

    Wenn nur ein Bruchteil der folgenden Inhalte stimmen sollte, ist die GTZ alles andere als die Gesellschaft als die sie sich ausgibt. Da müssten Staatsrechtler mit der Lizenz 007 einschreiten.

    Es ist nachvollziehbar das Russland und Ägypten die NGOs unter scharfe Regeln stellt.

    http://balkanblog.org/2009/04/page/3/

    "Berlinwasser und die Millionen Unterschlagungen mit korrupten GTZ lern in Albanien"

    "Und so sah der Rettungs Plan aus, wie man hohe Millionen Beträge der Entwicklungshilfe und der BMZ – KfW umleitet!"

    http://balkanblog.org/2010/01/22/berlinwasser-und-die-millionen-unterschlagungen-mit-korrupten-gtz-lern-in-albanien/

    und tausend weitere nachprüfbare Fakten.

     

    "im Grunde züchtet man wieder ein "Elite" die die anderen ausbeuten!"

    Genau das ist es. Bleibt bloß die Frage ob nach Methode Scientology. Deren albanische Zentrale zahlten die deutschen Steuerzahler. Was macht die Hans Seidel Stiftung?

  • IN
    Ihr neuer Pappsi

    Was die GIZ wirklich bewirkt hat oder bewirkt haben will, muß aus Erfahrung erst mal hinterfragt werden, die Leute müssen ja ihr Wahnsinns-Gehalt rechtfertigen, mit welchen Behauptungen auch immer.

     

    Ist da irgend etwas einsehbar erläutert? Und wieso befrägt die selbst so hoch gerühmte Auslandsrecherche der taz nicht die hier Involvierten?

     

    Diese GIZ-PR ist UNTER ALLER SAU.

  • SG
    Schmidt Georg

    alles nur Schau, also da war ein Ehepaar, beide in D studiert, beide ihren Ing gemacht, oder wie das im Bauwesen heisst, bei haben bei Hoch/Tief jahrelamg gearbeitet, kannten die deutschen Arbeitsverhältnisse aus dem effeff, und dann zurück nach Indonesien und was war ? NIX ? Ihre Arbeiter waren nicht besser und nicht schelchter dran, wie das da üblcih war-Arbeitsschutz-Werkzeuge-vergessen-auch auf Baustellen, die von Deutschen geleitet werden, ist es nicht anders, was die Jungs da machen-naja, man kann nur hoffen, dass es ein bischen positiv ist, im Grunde züchtet man wieder ein "Elite" die die anderen ausbeuten!

  • I
    Imam

    Schuld hat sowieso niemand. Wenn, dann der Kunde. Alles andere sind Berater, funktionäre, Beisitzer, Gesandte usw. Die ausbeuterische Politik bringt diese Zustände fertig. Da wird Hand in Hand mit der Arbeitgeberseite gedealt. Die Kunden wenig Geld verdienen lassen um dann mit dem erhobenen Finger Moralappelle starten. Marktwirtschaft (Kapitalismus) ist immer doppelzüngig und Europa ist ja christlich geprägt.

  • AW
    Anton Wager

    Wenn man gleichzeitig auch den Arbeitgebern dient, kann man den Arbeitern natürlich nicht dabei behilflich sein, eine Gewerkschaft zu gründen. Mehr, als ein paar Schönheitskorrekturen sind da für die Arbeitnehmer nicht drin.

  • SG
    Schmidt Georg

    wir sind nur Berater und politisch nicht tätig , AHA, was kommt wohl als Nächstes ?