Arbeitsmarkt für Zuwanderer: Raus aus dem Taxi
Seit 2012 können Zuwanderer ihre ausländischen Berufsabschlüsse leichter anerkennen lassen. Trotz Problemen zeigt das Gesetz Wirkung.
Ein Arzt aus Weißrussland sollte in Deutschland nicht Taxi fahren müssen, eine Ingenieurin aus Südafrika auch hier ihrem erlernten Beruf nachgehen dürfen. Um ihnen den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern, wurde vor einem Jahr das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse verabschiedet. Jeder Zuwanderer hat seither das Recht, seinen Abschluss innerhalb von drei Monaten überprüfen und bescheinigen lassen.
„Das Gesetz zeitigt Wirkung“, findet Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). In den meisten Fällen sei die Anerkennung unproblematisch gewesen, sagte sie auf einer Pressekonferenz am Mittwoch in Berlin. Gut 30.000 Anträge wurden im ersten Jahr gestellt – zwei Drittel davon entfielen auf Gesundheitsberufe wie Arzt, Apotheker, Hebamme. Denn etwa 350 Ausbildungsberufe sowie Fachberufe wie Arzt, Hebamme, und Rechtsanwalt sind in Bundesgesetzen geregelt. Viele andere fallen in die Zuständigkeit der Länder, etwa Lehrer und Ingenieur.
Kritiker monieren, dass die Zahl der tatsächlichen Anerkennungen noch immer zu gering sei. Auch seien die Kosten dafür zu hoch, sie können 100 bis 1.000 Euro betragen. Rund 3 Millionen Menschen in Deutschland haben ihren Berufsabschluss im Ausland erworben. Mindestens 300.000 Zuwanderer sollen hierzulande unterhalb ihrer Qualifikation arbeiten.
„Der große Fortschritt des Gesetzes ist: Es macht Schluss mit der Diskriminierung nach Staatsangehörigkeit“, findet Michael Gwosdz, der in der Zentralen Beratungsstelle bei der Diakonie Hamburg arbeitet. Einst wurde ausländischen Ärzten im Regelfall die Approbation verweigert – selbst wenn sie in Deutschland studiert hatten. „Deswegen gibt es gerade bei Ärzten jetzt so eine Flut von Anträgen“, so Gwosdz.
Gemeinsames Mustergesetz
Hamburg war das erste Bundesland, das ein eigenes Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse verabschiedet hat, es folgten Niedersachsen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland. Wanka appellierte an die übrigen Länder, jetzt zügig nachzuziehen. Schließlich haben sie schon bei ihrer Landesministerkonferenz im März 2012 ein gemeinsames Mustergesetz beschlossen.
In die Hamburger Beratungsstelle kommen Ratsuchende aus aller Welt. „Drei Viertel kommen nur einmal, sie wollen sich erst einmal informieren“, sagt Michael Gwosdz. Rund ein Drittel stammt aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, hauptsächlich aus Russland, ein großer Teil aus den neuen EU-Staaten Osteuropas sowie aus dem Nahen Osten, von Syrien bis Afghanistan. Die größte Berufsgruppe stellen Menschen mit einer pädagogischen Ausbildung, Lehrerinnen und Erzieher. „Dafür ist ein Landesgesetz so wichtig, denn dieser Bereich ist Ländersache“, betont Gwosdz.
Beratungsstellen wie seine gibt es mittlerweile in allen Bundesländern. Sie helfen bei der Antragstellung und verweisen an die bundesweit rund 1.000 Stellen, die für die Anerkennungen zuständig sind; das sind Behörden vor Ort oder die Industrie- und Handelskammern.
„Die zuständigen Behörden wissen aber nicht immer, dass sie zuständig sind“, hat Michael Gwoszd festgestellt – jedenfalls wenn es um eher exotische Berufe wie Besamungsbeauftragte, Sprengstoffexperten und Hufbeschlagsschmied geht. Aber auch für gängigere Berufe ist der Behördendschungel unübersichtlich. Peter Clever, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), fordert deshalb jetzt eine zentrale Anlaufstelle für Ärzte, Krankenpfleger und andere Gesundheitsberufe.
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