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Arbeitslose MigrantenAusländer sollen sich mehr bemühen

Die Ausländerbehörde erhöht den Druck auf nichtdeutsche Jugendliche, Arbeit anzunehmen. Kritiker befürchten, Arbeitslose könnten sogar abgeschoben werden. Doch so weit soll es nicht kommen, verspricht die Innenverwaltung

Den Fall Dogan Osman (Name geändert) dürfte es eigentlich nicht geben: Der 21-Jährige ist in Berlin geboren und aufgewachsen, hat einen Hauptschulabschluss, aber keinen Job, lebt von Hartz IV - und hat deshalb im Januar ein Schreiben von der Ausländerbehörde bekommen, die ihm angekündigt, dass seine Aufenthaltserlaubnis wohl nicht mehr verlängert wird. "Damit droht ihm in letzter Konsequenz die Abschiebung", erklärt seine Anwältin, Berenice Böhlo. Die Innenverwaltung dagegen sagt: Kein in Berlin geborener oder aufgewachsener ausländischer Jugendlicher wird abgeschoben, weil er ohne Schul-, Berufsabschluss oder ohne Job ist.

Mit dieser Klarstellung reagierte die Verwaltung am Mittwochabend auf Medienberichte, nach denen ausländische Jugendliche ab 16 Jahren neuerdings mit Ausweisung rechnen müssen, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bezahlen können. Die sogenannten Anwendungshinweise der Ausländerbehörde zum Aufenthaltsgesetz seien im Frühjahr klammheimlich verschärft worden, kritisieren Grüne und Flüchtlingsrat. "Die Jugendlichen müssen nachweisen, dass sie einer Beschäftigung nachgehen oder einen Ausbildungsplatz in Aussicht haben", erklärt Bilkay Öney, integrationspolitische Sprecherin der grünen Fraktion. Sonst müssten sie damit rechnen, ausgewiesen zu werden. Sie fordert den Senat auf, diese Anwendungshinweise rückgängig zu machen.

Georg Classen vom Berliner Flüchtlingsrat schließt sich dem an. Die neue Berliner Regelung sei bundesweit einmalig. Dabei sei es für Jugendliche ohne Schulabschluss oder nur mit Hauptschulabschluss ohnehin schwer, einen Job zu finden. "Aber wer gibt ihnen eine Ausbildung oder Arbeit, wenn sie jetzt nur noch einen befristeten Aufenthalt bekommen?" Die neuen Bestimmungen erschwerten also sogar die Arbeitssuche. Und am Ende drohe ein Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis, also die Pflicht zur Ausreise, weil der Betreffende dem Staat zu lange auf der Tasche liegt.

Diese Konsequenz sei zwar "theoretisch" möglich, gibt Isabelle Kalbitzer, Sprecherin von Innensenator Ehrhard Körting (SPD), zu. Praktisch werde es aber nicht so weit kommen. Niemandem werde ein Aufenthalt verwehrt, der sich bemühe, Ausbildung, Arbeit oder Eingliederungsmaßnahme beim Jobcenter zu finden - und das nachweisen könne. Dazu müssten die Jugendlichen zum Beispiel Bescheinigungen von der Schule beibringen. Denn es gehe bei der neuen Regelung schon darum, "deutlich zu machen, dass eine unbefristete Niederlassungserlaubnis ein erhöhtes Maß an Integrationsleistungen voraussetzt". Wer sich nicht bemühe, bekomme eben nur einen befristeten Aufenthalt - werde aber nicht abgeschoben. Zum Fall Osman könne sie daher auch nichts sagen. "Eigentlich dürfte es das nicht geben."

Dabei ist Osman nicht der Einzige, dem das passiert ist. So beschäftigt der Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) einen jungen Mann in einer Qualifizierungsmaßnahme, der hier geboren ist, aber keinen Schulabschluss hat und von Hartz IV lebt. "Mitten in der Qualifizierung schreibt ihm die Ausländerbehörde, dass seine Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert wird", erzählt Safter Cinar, Sprecher des TBB. Erst auf Intervention des Innensenators habe er neue Papiere bekommen.

Was Cinar besonders ärgert: Körting gebe im Vier-Augen-Gespräch zu, dass man Jugendliche, die hier geboren oder aufgewachsen sind, nicht abschieben kann. "Aber was soll das dann?", fragt er. Classen vom Flüchtlingsrat vermutet, die Ausländerbehörde wolle mit den neuen Regeln den Druck auf die Jugendlichen erhöhen mit dem Ziel, den öffentlichen Haushalt zu entlasten. Zu Unrecht, wie er meint: Denn die jungen Leute seien nicht für die Mängel im Bildungssystem verantwortlich. "Das sind gesellschaftliche Probleme in Berlin, die auch hier gelöst werden müssen."

Für Osman hat sich die Angelegenheit inzwischen wohl erledigt: Er hat einen Job gefunden und darf auf neue Papiere hoffen.

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1 Kommentar

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  • S
    s.fuchs

    Es würde mich freuen, wenn folgender Punkt geklärt werden könnte:

    "Die Jugendlichen müssen nachweisen, dass sie einer Beschäftigung nachgehen oder einen Ausbildungsplatz in Aussicht haben", erklärt Bilkay Öney, integrationspolitische Sprecherin der grünen Fraktion. Sonst müssten sie damit rechnen, ausgewiesen zu werden.

     

    Laut Tagesspiegel vom 20.08. geht es nicht um Jugendliche ohne Ausbildungsplatz oder Beschäftigung, sondern nur um jene, die keinen Schulabschluss machen und sich damit selbst der Möglichkeit einer Berufsausbildung berauben.

     

    Diese geplante Vorgehensweise des Senats, den Druck auf Jugendliche zu erhöhen, einen Schulabschluss zu machen, finde ich begrüßenswert. Statistiken belegen seit langem, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Schule schwänzen bzw. abbrechen und kriminellen Karrieren gibt. Gewaltstraftaten und v.a. die Brutalität unter Migrantenkindern ist laut Berliner Kriminalstatistik überproportional und steigt stetig. Hier besteht Handlungsbedarf.

     

    Man sollte sich dabei vor Augen führen, dass die meisten Schulabbrecher weniger unter Lernschwierigkeiten leiden. Sie führen die Schule nicht zu Ende, weil sie in den meisten Fällen gar keine Lust haben und vom Elternhaus keine Unterstützung bekommen. Das kann man nicht hinnehmen. Arbeit zu finden ist für Einwanderer sicher noch schwerer als für gebürtige Deutsche. Jedoch wenn man sich nicht einmal um einen Schulabschluss bemüht, darf man das Interesse an Beschäftigungsverhältnissen in Zweifel ziehen.