Arbeitskampf: Kino verliert Showdown vor Gericht
Kino Babylon Mitte muss Gehälter nachzahlen: Gericht beurteilt fristlose Kündigung eines Mitarbeiters als rechtswidrig.
Im Streit über die Arbeitsbedingungen im Kino Babylon Mitte muss die Geschäftsführung eine Niederlage einstecken: Die fristlose Kündigung eines Mitarbeiters war rechtswidrig, entschied am Dienstag das Arbeitsgericht Berlin. Die Neue Babylon Berlin GmbH, die das Kino in Mitte betreibt, muss Jason Kirkpatrick zwei Monatsgehälter zurückzahlen. Die Geschäftsführung hatte ihm im Mai nach knapp sechsmonatiger Tätigkeit fristlos und ohne Gründe zu nennen gekündigt. (taz berichtete)
Jens Mikat, Theaterleiter des Babylon, gab vor Gericht überraschend einen offenen Brief Kirkpatricks als Grund für die Kündigung an. Der Brief habe das Arbeitsklima des Kinos gestört. Kirkpatrick hatte den Brief mit anderen Mitarbeitern verfasst, nachdem ihm mündlich gekündigt worden war. Er bat darin das Management, seine Kündigung zu überdenken und machte Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Babylon Mitte. Die Richterin wies den von Mikat genannten Grund als unzulässig zurück. Eine fristlose Kündigung sei nur möglich, wenn ein Mitarbeiter tätlich geworden sei oder gestohlen habe. Sie ordnete an, die fristlose in eine fristgerechte Kündigung zu ändern und das restliche Gehalt auszuzahlen.
Kirkpatrick zeigte sich sehr zufrieden mit dem Ausgang des Verfahrens. Er vermutet als Grund für seine Entlassung seine Kritik an den Arbeitsbedingungen. Und er ist nicht der Einzige, der sich freut: Mehrere Mitarbeiter des Babylon haben sich laut Kirkpatrick schon bei ihm gemeldet und ihm gratuliert.
"Wir finden das alle klasse", sagt Ralf Mehdling*. Er arbeitet im Babylon Mitte auf 400-Euro-Basis an der Kasse, am Einlass und an der Bar. "Das Urteil ist für uns Mitarbeiter eine große Erleichterung." Auch er habe seit Monaten ein Gefühl der Unsicherheit gehabt, sich beobachtet gefühlt, gefürchtet, wie andere vor ihm von einem Tag auf den anderen auf der Straße zu stehen. Mehdling hofft, dass auch das Management nun begriffen habe, dass es nicht weiter so mit den Mitarbeitern umspringen kann. Die rund 21 Mitarbeiter wollen sich jetzt besser organisieren: Sie planen, in den kommenden Wochen einen Betriebsrat zu gründen.
Von der Geschäftsführung war keine Stellungnahme zu erhalten. Geschäftsführer Timothy Grossman führt das kommunale Kino seit 2005. Der Senat fördert das Babylon Mitte mit jährlich über 320.000 Euro.
JULIANE SCHUMACHER
* Name geändert
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