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Arbeitsamt zu Integration GeflüchteterEin Job für jeden Zweiten

In fünf Jahren, so rechnet man bei der Bundesagentur für Arbeit, wird die Hälfte der zuletzt nach Deutschland Geflohenen einen Job haben.

Auch wenn viele von ihnen einen Job suchen – die Chancen auf dem Arbeitsmarkt stehen nicht so schlecht für Flüchtlinge Foto: dpa

Berlin dpa | Die Bundesagentur für Arbeit (BA) erwartet, dass sich die Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt nicht schlechter schlagen werden als Migranten früherer Generationen. „Wir rechnen damit, dass im ersten Jahr zwischen acht und zehn Prozent von ihnen Arbeit finden werden, im fünften Jahr wird rund die Hälfte einen Job haben, nach 15 Jahren dann etwa 70 Prozent“, sagte BA-Vorstand Raimund Becker am Mittwoch am Rande einer Jobbörse für geflüchtete Menschen in Berlin.

Damit trat er einer Schätzung von Reiner Haseloff (CDU) entgegen. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt hatte gesagt: „Wenn wir zehn Prozent mittelfristig in Arbeit bekommen, wäre das ein Erfolg.“ Diese Einschätzung sei „zu pessimistisch“, erklärte Becker.

Zu der Jobmesse in einem Berliner Hotel hatten sich nach Angaben der Veranstalter rund 4500 Arbeitssuchende angemeldet. Die Bundesagentur hatte neben Flüchtlingen auch andere Migranten, die schon länger arbeitslos sind, zu der Messe geschickt, an der rund 200 Aussteller teilnahmen – von der Sicherheitsakademie bis zur Bäckerei-Kette.

Selbst jetzt, da noch viele Flüchtlinge arbeitslos sind oder in Sprach- und Integrationskursen stecken, hat ein Teil von ihnen bereits eine Arbeit gefunden. Nach den aktuellen Zahlen der BA hatten im Oktober 2016 rund 123 000 Menschen aus den acht wichtigsten Asylherkunftsländern eine reguläre Stelle – 43 Prozent mehr als vor einem Jahr. Zwei Fünftel von ihnen werden als Hilfskräfte etwa in der Gastronomie oder bei Speditionsunternehmen und Kurierdiensten beschäftigt.

Offizielle Zahl sagt wenig aus

Im Vergleich zur Gesamtzahl der in den beiden Vorjahren nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge ist das aber noch immer ein relativ kleiner Teil. Die Bundesagentur räumt in einer aktuellen Analyse daher ein: Während die Zahl der Arbeitslosen und der Hartz-IV-Bezieher unter den Flüchtlingen „merklich“ steige, wachse die Zahl der Flüchtlinge in Arbeit nur „moderat“.

Auch die offizielle Arbeitslosenzahl sagt über die Zahl der in den Arbeitsmarkt drängenden Flüchtlinge derzeit nur wenig aus. Arbeitslos gemeldet waren im Dezember 164 000 Flüchtlinge. Eine Arbeit gesucht haben aber tatsächlich 425 000 Menschen mit Fluchthintergrund. Dass sie derzeit noch nicht bei den Jobcentern registriert waren, liegt daran, dass sie noch Integrationskurse besuchen oder in Berufsvorbereitungskursen auf einen Job vorbereitet werden. In dieser Zeit gelten sie nicht als arbeitslos.

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10 Kommentare

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  • 30 Prozent Arbeitslosigkeit nach 15 Jahren? Ist das nicht etwas viel, angesichts der guten Fachausbildung, die viele Flüchtlinge mitbringen?

  • "Wenn dir der Ausländer den Job wegnimmt, dann bist du halt selbst schuld/einfach scheiße"

     

    Wenn sie das nur so offen sagen würden. Der Sprech ist doch, die Aufnahme von Flüchtlingen darf nicht zu Lasten der sozial benachteiligten Inländer gehen. Finanzierung über die Vermögenssteuer etc...

    • @A. Müllermilch:

      Naja. So wie ich das wahrnehme, lässt man in der Debatte immer ganz gerne die zwei Themen getrennt (a la "die AfD wird wegen der fehlenden sozialen Gerechtigkeit gewählt", das die Geflüchteten diese noch verschlimmern, wird jedoch meist bewusst verschwiegen oder nur ganz, ganz kurz angesprochen).

      Vermutlich macht man das, um weniger intelligente Menschen aus dem Niedriglohnsektor nicht systematisch zur AfD zu treiben.

       

      Es wäre ja gut, würde man die Auswirkungen über eine Vermögenssteuer etc. kompensieren können, aber offen gesagt, dazu wird es a) durch die Lobbyarbeit der Reichen sowieso nicht kommen, und b) ein Umverteilungsprogramm kann gar nicht groß genug sein, um das abzufangen. Schließlich sinken nicht nur die Löhne, es steigt ja auch zB gleichzeitig die Nachfrage nach Wohnraum, was die Mieten steigen lässt.

  • Ja, aber durch die große Anzahl erhöht sich nuneinmal das Angebot an Arbeitskräften, während die Nachfrage weitgehend gleich bleibt, was letztenendes dazu führt, das der Arbeitnehmer am längeren Hebel sitzt. Den Flüchtlingen selbst kann man da ja keinen Vorwurf machen, nur ist das nuneinmal die Konsequenz von der Einwanderung einer großen Anzahl Geringqualifizierter.

     

    Ich weiß auch nicht, wie man dem entgegentritt, aber die Eliten haben ausgerufen: "Integration geht nur über den Arbeitsmarkt" und "Wenn dir der Ausländer den Job wegnimmt, dann bist du halt selbst schuld/einfach scheiße" (wo dann bewusst außer acht gelassen wird, dass man auch bei Gehaltsverhandlungen in eine schlechtere Position rutscht). Und dann wundern die Eliten sich, das die Geringverdiener zur AfD rennen.

  • Selten hörte ich solche Verlautbarungen. In einem kommunalpolitischen Gremium bekam ich eine Übersicht, womit 100.000 Bürgerinnen und Bürger sich abplagen müssen.

    Da wird gelogen, dass sich die Balken biegen.

    Des Kaisers neue Kleider sehe ich, sobald unser Innen auf der Bilfläche des TV erscheint :-((~~~

  • "In fünf Jahren, so rechnet man bei der Bundesagentur für Arbeit, wird die Hälfte der zuletzt nach Deutschland Geflohenen einen Job haben. [...] Wir rechnen damit, dass im ersten Jahr zwischen acht und zehn Prozent von ihnen Arbeit finden werden, im fünften Jahr wird rund die Hälfte einen Job haben, nach 15 Jahren dann etwa 70 Prozent, sagte BA-Vorstand Raimund Becker"

     

    Das glaube ich Raimund Becker sogar, allerdings nur, wenn im SGB II festgelegt wird, dass der Flüchtling verpflichtet ist, einen Job für 2 Euro die Stunde anzunehmen. Wir haben seit Jahren ca. 5 Millionen Arbeitslose (ALG I und ALG II) in Deutschland, die keinen Job finden von dem man auch anständig leben kann, und da will man für die Flüchtlinge auf einmal Jobs aus dem Boden stampfen? Wie solche Jobs aussehen und wie diese Jobs dann vergütet werden, das kann ich mir jetzt schon vorstellen. Aber die Hauptsache ist wohl für die BA, dass man die Arbeitslosenquote mit "Statistikschönung" nach unten drücken kann, so wie man das auch seit Jahren mit der Anzahl der Hartz IV Empfänger macht. Der zweite Grund ist wohl, das die Arbeitgeber billige und frische Lohnsklaven für ihre Betriebe bekommen sollen, damit das Wirtschaftswachstum auch ja nicht schwächelt. Mir kommt das alles so vor wie im römischen Reich, denn vor 2000 Jahren hatten die römischen Sklaven auch "Vollbeschäftigung" während ihre Besitzer im Dampfbad saßen und sich amüsierten.

  • "Zwei Fünftel von ihnen werden als Hilfskräfte etwa in der Gastronomie oder bei Speditionsunternehmen und Kurierdiensten beschäftigt." - Oh cool, also perfekt in den Niedriglohnsektor integriert. Und dort durch das hohe Angebot schön die Löhne und Arbeitsbedingungen für alle drücken.

    • 3G
      36855 (Profil gelöscht)
      @Tim Schweizer:

      Ja, das war auch so gedacht und Merkel hat geliefert.

      Wie hat die grüne GE so schön gesagt:

      "Wir bekommen Menschen geschenkt"

      dieser Zusatz fehlte allerdings:

      für den Niedriglohnsektor, zum drücken der Löhne und Zurückfahren der Arbeitsbedingungen.

    • @Tim Schweizer:

      Es kommt leider noch schlimmer. Die zwei Fünftel Hilfskräfte sind aus der Gruppe der Glücklichen, die eine Beschäftigung gefunden haben. Bei arbeitslosen Geflüchteten liegt die Quote derer mit einer Qualifikation auf Hilfskraftniveau bei 61%. Weitere 22% kann man keinem Qualifikationsniveau zuordnen. https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Statistische-Analysen/Statistische-Sonderberichte/Generische-Publikationen/Fluchtmigration.pdf

      (S.13)

       

      Kleine Anmerkung: Es sind nicht die Geflüchteten, die Löhne und Arbeitsbedingungen drücken, sondern die Eliten, die zulassen (vielleicht sogar fördern), daß solche Konkurrenzsituationen entstehen.

      • 3G
        36855 (Profil gelöscht)
        @jhwh:

        Ja, klar sind es nicht die Geflüchteten.

        Es ist aber so, dass es durch die Flüchtlingspolitik so ist wie es ist, und das sieht nicht gut aus, für unsere Zukunft, siehe AfD und der Ruck nach rechts.

        Das geht nicht lange gut, wenn es nicht mehr Gerechtigkeit und Chancen für alle gibt.

        Dann gibt es keine Farbenvielfalt mehr sondern ein Übermaß an braun.