Arbeitnehmer: SPD will die Deutschland AG
Sozialdemokraten verteidigt den Plan ihres Vorsitzenden Beck, Mitarbeiter stärker an Unternehmensgewinnen zu beteiligen
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BERLIN ap/dpa Noch stößt Kurt Becks jüngste Idee nur auf verhaltenen Zuspruch. Der SPD-Chef will einen "Deutschlandfonds" schaffen, über den sich Beschäftigte indirekt an Firmen beteiligen können. Als "gut gemeint", aber "noch nicht ausgereift" bezeichnete Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) das Konzept. Die Union will am Freitag ein eigenes Modell für die Mitarbeiterbeteiligung an Firmenvermögen vorstellen. CDU-Politiker signalisierten, dass eine Annäherung an die SPD-Pläne möglich ist.
Nach den Plänen der Sozialdemokraten sollen Arbeitnehmer Teile ihres Gehalts in einen Fonds einzahlen können. Dieser beteiligt sich dann wiederum an den Unternehmen. Die Streuung birgt aus Sicht der Arbeitnehmer einen Vorteil: Macht eine Firma pleite, sind nicht gleich seine ganzen Ersparnisse weg.
Alle derzeit existierenden Modelle der Mitarbeiterbeteiligung seien teuer, umständlich und bürokratisch, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Olaf Scholz, am Mittwoch in Berlin. Der "Deutschlandfonds" hingegen sei einfach und transparent. So hätten auch kleine und mittlere Unternehmen die Möglichkeit, ihren Beschäftigten eine Beteiligung anzubieten. "Ein vergleichbares Angebot gibt es bisher nicht."
Der Fonds funktioniere, so präzisierte es Scholz, als Dreiecksgeschäft: Die Unternehmen würden mit den Mitarbeitern Vereinbarungen über eine Beteiligung treffen. Die Beschäftigten kauften Fondsanteile und erhielten die daraus entstehenden Erträge. Die beteiligten Unternehmen bekämen in Höhe der Einlagen ihrer Mitarbeiter Kapital aus dem Fonds. Der Staat würde diese Form der Vermögensbildung über die Arbeitnehmersparzulage und das Einkommensteuerrecht fördern.
Bei Vertretern der Opposition stieß das Konzept der SPD auf Vorbehalte. Laut Fritz Kuhn, Fraktionsvorsitzender der Grünen, sind die Fonds ungeeignet, um mehr Beschäftigte an den Gewinnen der Unternehmen zu beteiligen. Ein solches Modell koste den Staat viel Geld, unterscheide sich aber wenig von klassischen Anlageprodukten. Der Vize-Chef der "Linken", Klaus Ernst, warf der SPD Etikettenschwindel vor. Die meisten Beschäftigten hätten nicht genug Geld, um in den Fonds investieren zu können.
Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, bemängelte das Konzept. Der Fonds werde bei einigermaßen gut verdienenden Arbeitnehmern Mitnahmeeffekte bewirken. Die schlecht verdienenden hingegen würden außen vor gelassen. Lobend äußerte sich die IG Metall. Das SPD-Modell zeige in die richtige Richtung, sagte ihr Vorsitzender Jürgen Peters.
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