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Arafat lässt sein Volk entscheiden

Der Palästinenserpräsident will bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Januar wieder antreten

JERICHO rtr/ap ■ Nach starkem internationalem Drängen hat die palästinensische Regierung gestern Präsidenten- und Parlamentswahlen für Januar angekündigt. Die Wahlen sollten auf eine offizielle Anweisung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat zwischen dem 10. und 20. Januar 2003 stattfinden, sagte Minister Saeb Erekat in Jericho.

Arafat selbst will wieder kandidieren, wie Planungsminister Nabil Schaat mitteilte. Wahrscheinlich werde es mehrere Gegenkandidaten geben. Erekat erklärte vor Journalisten, Arafat habe Reformen der Sicherheitsdienste sowie des Justiz- und Finanzwesens in den kommenden zwei bis drei Monaten versprochen. Der Palästinenserpräsident steht unter dem Druck Israels, der USA und der EU, seine Regierung zu reformieren. Sie verlangen von ihm, entschieden gegen Extremisten vorzugehen. US-Präsident George W. Bush forderte sogar eine neue palästinensische Führung. Anfang Juni hatte Arafat im Zuge politischer Reformen bereits sein Kabinett verkleinert.

Die Ankündigung der Wahlen sei keineswegs eine Antwort auf die Rede George W. Bushs vom Montag, sagte Erekat. „Wir teilen dies mit, weil wir auf die Bedürfnisse der Palästinenser reagieren.“ Die Autonomieverwaltung bereite die Reformen seit mehreren Monaten vor.

Der israelische Regierungssprecher Raanan Gissin verlangte nach der Ankündigung der Wahlen, erst müsse es Hinweise dafür geben, dass die Palästinenser wirksam gegen Terroristen vorgingen. „Alles, was wir bisher haben, sind Worte“, sagte Gissin.

Aus US-Regierungskreisen verlautete, Bush habe vor seiner Rede Geheimdienstinformationen erhalten, wonach Arafat die Brigaden der Märtyrer von al-Aksa mitfinanziere, die hinter mehreren Selbstmordanschlägen in Israel stünden. Arafat habe eine Zahlung von 20.000 Dollar an die Gruppe gebilligt.

Im Westjordanland wurde gestern die Ausgangssperre für insgesamt rund 700.000 Palästinenser weiter aufrechterhalten.

Die israelische Armee hat im Zuge ihrer jüngsten Operation sieben der acht größeren autonomen Städte im Westjordanland besetzt: Dschenin, Nablus, Kalkilja, Tulkarem, Bethlehem, Ramallah und Hebron. Lediglich in Jericho marschierten vorerst noch keine Truppen ein.

Gestern teilten die Streitkräfte mit, in Dura, einem Dorf nahe Hebron, seien vier gesuchte Palästinenser festgenommen worden. Weitere Festnahmen wurden aus Hebron und Tubas in der Gegend von Dschenin gemeldet.

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