Arabische Welt zur Gewalt in Syrien: Forderung nach Truppeneinsatz
Der Emir von Katar und der frühere Generalsekretär der Arabischen Liga wollen eine bewaffnete Mission in Syrien. Präsident al-Assad kündigt mal wieder eine Amnestie an.
DAMASKUS afp | Zehn Monate nach Beginn der Proteste in Syrien sind aus der arabischen Welt Forderungen nach Entsendung von Truppen zur Beendigung der Gewalt laut geworden. Der Emir von Katar und der frühere Generalsekretär der Arabischen Liga Amr Mussa sprachen sich für eine bewaffnete Mission aus, um das "Töten zu beenden". Syriens Präsident Baschar al-Assad kündigte derweil eine Generalamnestie für Straftaten seit Protestbeginn an.
Der Emir von Katar Hamad Bin Chalifa al-Thani sagte laut Auszügen eines Interviews mit dem US-Fernsehsender CBS, er befürworte den Einsatz "einer bestimmten Zahl von Soldaten, um dem Töten ein Ende zu bereiten". Mussa sprach sich am Sonntag dafür aus, den Vorschlag zu prüfen. Die Arabische Liga müsse über die Idee beraten, sagte der langjährige Generalsekretär des Staatenbundes am Rande einer Konferenz in Beirut.
Zuletzt war die Wirksamkeit der Beobachtermission der Liga, die seit dem 26. Dezember die Situation vor Ort überwachen soll, zunehmend in Frage gestellt worden. Die syrische Opposition wirft den Beobachtern vor, sich von der Führung in Damaskus vereinnahmen zu lassen. Der aktuelle Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, kündigte am Samstag an, dass der Beobachtereinsatz am 21. Januar von der Organisation überprüft werde.
Assad kündigte unterdessen eine Generalamnestie an. Wie die amtliche Nachrichtenagentur Sana meldete, betrifft der Straferlass Taten, die zwischen dem 15. März und dem 15. Januar verübt wurden. Sie beziehe sich vor allem auf Verstöße gegen Demonstrationsverbote, das Tragen von Waffen und das Desertieren aus der Armee. Assad hatte schon früher ähnliche Amnestien und die Freilassung politischer Gefangener angekündigt.
Briten wollen keine Flugverbotszone
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief Assad am Sonntag zur "Beendigung des Tötens" auf. "Die Unterdrückung führt in eine Sackgasse", warnte er den syrischen Staatschef bei einer UN-Konferenz zum demokratischen Wandel in der arabischen Welt in Beirut. Schon am Samstag hatte Ban sich "äußerst besorgt" über das anhaltende Blutvergießen geäußert. Die Krise nehme eine "gefährliche Wendung", sagte er laut einem Sprecher.
Der britische Außenminister William Hague erteilte einer Flugverbotszone über Syrien eine Absage. Es gebe im Moment "keine ernsthafte Aussicht" auf eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, geschweige denn den Beschluss eines Flugverbots wie in Libyen, sagte Hague dem Nachrichtensender Sky News. Sein französischer Kollege Alain Juppé verurteilte das anhaltende Schweigen des UN-Sicherheitsrats zu Syrien als "nicht hinnehmbar".
Das türkische Außenministerium teilte mit, der syrische General Mostafa Ahmed al-Scheik befinde sich seit rund zehn Tagen in der Türkei. Der Zeitung Hürriyet zufolge war al-Scheik die Nummer zwei der Armee im Norden Syriens und dort für den Nachrichtendienst zuständig. Demnach hält er sich im selben Lager im Süden der Türkei auf wie der syrische Ex-Offizier Riad al-Assaad, der die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) führt.
Der russische Schifffahrtsexperte Michail Woitenko sagte, am Mittwoch oder Donnerstag sei das russische Schiff "Chariot" in dem syrischen Hafen Tartus eingetroffen. Russischen Medien zufolge hatte das Schiff bis zu 60 Tonnen Waffen und Militärgüter geladen, die für die syrische Regierung bestimmt sein sollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen