piwik no script img

Apple Pay in DeutschlandBezahlen wie in China

Der Start von Apple Pay in Deutschland gilt als Durchbruch fürs smarte Zahlen. Doch um es zu nutzen, muss man diverse Hürden überwinden.

Bezahlen mit dem Smartphone: Bisher war Deutschland hier noch rückständig Foto: Jonas Leupe/Unsplash

Berlin taz | In Fernost ist das Bezahlen mit dem Handy schon Alltag. Am weitesten ist die Entwicklung in China fortgeschritten, wo Bargeld schon als Idee von gestern gilt. Jung und Alt zücken an der Kasse einfach ihr Smartphone. Sogar Bettler und Straßenmusiker stellen Barcodes mit Zahlungsinfos vor sich auf – sonst würden sie keine Gaben mehr erhalten. Weil alle ihr Handy ohnehin dabeihaben, ersparen sie es sich, auch noch eine Geldbörse mitzuschleppen. In Japan ist es sogar schon seit Anfang des Jahrhunderts möglich, mit dem Handy per einfacher Berührung von Zahlungsterminals U-Bahn zu fahren oder einzukaufen.

Deutschland wirkte dagegen bisher rückständig. Doch die mobile Zahlungs-Revolution ist auch hier seit Jahren in Vorbereitung – und könnte nun breite Kreise der Bevölkerung erfassen. Der lang erwartete Start von Apple Pay am Dienstag gilt als Durchbruch für neue Verfahren, die EC- und Kreditkarte überflüssig machen können.

„Es gibt immer mehr Möglichkeiten für die Kunden, mobile Bezahldienste an der Ladenkasse zu nutzen“, sagt Julian Grigo, Experte für Bankdienste beim Digitalverband Bitkom. Einer Studie des Verbands zufolge erwartet nur noch jeder fünfte Deutsche, auch in 20 Jahren noch in erster Linie Bargeld zu nutzen. In der Realität des Jahres 2018 dagegen überwiegen der Umfrage zufolge aber noch Sicherheitsbedenken. Doch die Befürworter der Digitaltechnik wie Bitcom-Experte Grigo rechnen damit, dass sich die Menschen schnell an den neuen Zahlungsweg gewöhnen.

Inzwischen haben die Kunden in Deutschland die Wahl zwischen zahlreichen Systemen. Es gibt Google Pay, das für Handys mit dem Betriebssystem Android zur Verfügung steht. Die Nutzer müssen dazu die gleichnamige App aus dem Store herunterladen und mit einem Zahlungsweg verbinden. Auch die Sparkassen, die Deutsche Bank, das Rabattprogramm Payback, der US-Finanzdienst Paypal und mehrere kleinere Wettbewerber bieten Geld-Apps an.

Es sind auch nicht automatisch alle iPhone-Besitzer von Anfang an dabei. Nur wer zugleich ein Konto bei einer teilnehmenden Bank hat, kann die Funktion nutzen

Die Vielfalt von Anbietern galt gleichwohl unter Experten bisher als Problem für die Entwicklung in Deutschland. Es gibt zwar sehr viele Akzeptanzstellen – schließlich verfügen die Discounter Lidl und Aldi, die Supermarktkette Rewe, die dm-Drogerien, die Kaufhäuser Karstadt und Kaufhof, die Elektroketten Media Markt und Saturn oder die Thalia-Buchläden über entsprechend ausgerüstete Kassen. Doch nicht alle akzeptieren alle Systeme. Die einen setzen auf die Payback-App, die anderen nur auf Google oder Apple.

Es sind auch nicht automatisch alle iPhone-Besitzer von Anfang an dabei. Nur wer zugleich ein Konto bei einer teilnehmenden Bank hat, kann die Funktion nutzen. Dazu gehören die Digitalbanken N26, Fidor und Comdirect sowie die Deutsche Bank, die Hypo-Vereinsbank und Santander. Ein Ausweg ist die Nutzung einer Kreditkarte von American Express. Man bestellt sich eine Kreditkarte und verbindet sie mit seinem Konto. So können beispielsweise auch Kunden der Sparkasse oder anderer Banken, die nicht an Apple Pay teilnehmen, den Zahlungsdienst benutzen.

Die deutschen Nutzer haben letztlich aber auch Vorteile gegenüber den technikbegeisterten Chinesen. Wegen der späten Einführung erhalten sie modernere Technik. Die Kunden genießen zudem mehr Privatsphäre. Während der chinesische WeChat-Konzern Tencent die Daten seiner Kunden detailliert hamstert, speichert Apple nur die für die Zahlung wirklich nötigen Informationen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Wie kann man sich so abhängig machen?

  • 9G
    95692 (Profil gelöscht)

    So,So Apple speichert nur die für die Zahlung wirklich nötigen Informationen. Apple hat ja wie Google in der Vergangenheit bewiesen, was die unter Datenschutz verstehen.

    • @95692 (Profil gelöscht):

      Na, welche Daten sammelt Apple denn bei der Zahlung im Vergleich zu dem Geschaeft und ihrer Bank? Ich bin gespannt.

      • 9G
        95692 (Profil gelöscht)
        @JoWall:

        Ich zahle bar. Das ist Anonym und kein Geschäft kann mich irgenteiner Ware oder Konsumgewohnheit verknüpfen

  • Mir erschließt sich der Mehrwert zu einer kontaktlosen EC/Kreditkarte nicht wirklich.

    Diee benötige ich in ohnehin, da nicht alle diese eine Bezahlmethode akzeptieren. Unid im Unterschied zu Apfel oder Google Geld funktionieren diese flächendeckend. Warum muss es dann noch über Apple oder andere zusätzliche Dienstleister laufen?

  • Der Datenschutz macht den grossen Unterschied: auch Google lässt sich ausdrücklich bestätigen, die Einkaufsdaten speichern und nutzen zu dürfen.

    Nur weil die Technik in Deutschland "moderner" ist, heisst das nicht, dass sie auch besser ist. Die QR-Codes in China (nicht: Barcodes) stehen jedem zur Verfügung, der irgendwo einen Drucker auftreiben kann. Da ist das Teilnehmen an NFC schon ein teureres Vergnügen.