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App zu Zusatzstoffen in ProduktenWie transparent ist Codecheck?

Die App Codecheck verspricht KundInnen Infos über schädliche Zusatzstoffe. Die Quellen des Unternehmens sind aber fragwürdig.

Will Informationen zu kritischen Inhaltsstoffen liefern: Codecheck Foto: codecheck

Ber­lin taz | Das Fach­chi­ne­sisch der In­halts­stof­fe von Le­bens­mit­teln und Kos­me­ti­ka ist für Ver­brau­che­rIn­nen nur schwer zu ver­ste­hen. Wer weiß schon, was Po­lyqua­ter­ni­um-37 ist und was es mit dem Kör­per und der Natur tut? Die App Code­check will Ab­hil­fe schaf­fen und In­for­ma­tio­nen zu kri­ti­schen In­halts­stof­fen lie­fern. Doch ihre Quel­len sind alles an­de­re als trans­pa­rent.

So funk­tio­niert’s: Mit dem Smart­pho­ne scannt man den EAN-Code eines Pro­dukts. Die App zeigt die ver­wen­de­ten In­halts­stof­fe und be­wer­tet sie im Am­pel­prin­zip – grün ist gut, rot ist schlecht. Mit­tels Fil­ter­funk­tio­nen kön­nen All­er­gi­ke­rIn­nen oder Vega­ne­rIn­nen von vorn­her­ein un­ge­eig­ne­te Pro­duk­te aus­schlie­ßen.

Der­zeit fin­den nach An­ga­ben des Code­check-Un­ter­neh­mens über 31 Mil­lio­nen Pro­duk­te in der Da­ten­bank. Waren hin­zu­fü­gen kann jeder – im Wi­ki­pe­dia-Prin­zip, egal ob mit kom­mer­zi­el­len oder pri­va­ten In­ter­es­sen.

Im Kos­me­tik­be­reich stützt sich die Be­wer­tung der Stof­fe vor allem auf zwei Quel­len: das Ver­brau­cher­ma­ga­zin Öko-Test und die Um­welt­or­ga­ni­sa­ti­on BUND. Die Daten der Na­tur­schüt­zer be­wer­ten hor­mo­nell wirk­sa­me In­halts­stof­fe, Mi­kro­plas­tik oder Na­no­par­ti­kel, die Zu­sam­men­ar­beit ist ak­tu­ell.

„Bewertungen würden wir so nie treffen“

Öko-Test je­doch be­schwert sich: Die ver­wen­de­te Kos­me­tik­lis­te käme aus dem Jahr 2000, und die Er­laub­nis, sie zu ver­wen­den, habe man be­reits vor sie­ben Jah­ren zu­rück­ge­zo­gen. Öko-Test-Che­fre­dak­teur Jür­gen Stell­pflug sagt, Code­check habe be­stimm­te Stof­fe ak­tua­li­siert, aber die Quel­le nicht ge­än­dert. „Da ste­hen dann teil­wei­se Be­wer­tun­gen in un­se­rem Namen, die wir so nie tref­fen wür­den“, sagt Stell­pflug. So wer­den etwa ge­wis­se Pa­ra­be­ne von Code­check als „eingeschränkt emp­feh­lens­wert“ be­ur­teilt, wäh­rend Öko-Test sie un­be­denk­lich fin­det.

Die Be­wer­tun­gen im Le­bens­mit­tel­be­reich be­ru­fen sich in ers­ter Linie auf drei Quel­len – die Or­ga­ni­sa­ti­on Green­peace sowie die Le­bens­mit­tel­che­mi­ker Udo Poll­mer und Heinz Knie­rie­men. Die bei­den Ex­per­ten be­wer­ten darin Zu­satz­stof­fe. Knie­rie­men ist je­doch schon vor zwei Jah­ren ver­stor­ben.

Poll­mer hat die Er­laub­nis er­teilt, seine im Jahr 2014 er­schie­ne­ne Bro­schü­re „Zu­satz­stof­fe von A bis Z“ zu ver­wen­den. „Da müss­te man mitt­ler­wei­le be­stimmt ein paar Sa­chen über­ar­bei­ten“, sagt der Le­bens­mit­tel­che­mi­ker al­ler­dings. Das Ta­schen­buch, aus dem diese Daten stam­men, wird in den Quel­len gar nicht ge­nannt.

Code­check ver­weist auf eine münd­li­che Ver­ein­ba­rung

Code­check will sich zu den An­schul­di­gun­gen von Öko-Test vor­erst nicht äu­ßern, ver­weist aber auf eine Ver­ein­ba­rung. „Ein Groß­teil un­se­rer Ar­beit be­steht darin, die Daten ak­tu­ell zu hal­ten“, sagt Fran­zis­ka Gram­mes, PR-Ma­na­ge­rin bei Code­check. Die An­ga­ben wären stets zeit­ge­mäß und rich­tig, auch im Le­bens­mit­tel­be­reich. „Knie­rie­mens Ex­per­ti­sen sind kri­tisch, aber noch immer ak­tu­ell“, er­klärt Gram­mes.

Ein Spre­cher von der Ver­brau­cher­zen­tra­le Ber­lin sieht die App je­doch skep­tisch, auch wenn ei­ni­ge In­hal­te aus ver­trau­ens­wür­di­gen Quel­len stam­men. „Kom­mer­zi­el­le In­ter­es­sen las­sen sich aus un­se­rer Sicht nicht aus­schlie­ßen.“ Er würde eher auf die Ori­gi­nal­quel­len wie Öko-Test oder BUND zu­rück­grei­fen, sagt der Ver­brau­cher­schüt­zer.

Code­check-Spre­che­rin Gram­mes da­ge­gen be­tont: „Wir fi­nan­zie­ren uns durch klas­si­sche Ban­ner­wer­bung und klar ge­kenn­zeich­ne­te Ad­ver­tori­als.“ Da­durch be­ste­he eine strik­te Tren­nung von re­dak­tio­nel­len und werb­li­chen In­hal­ten.

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3 Kommentare

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  • Die App ist gut, aber besonders bei den Beiträgen der Seite (10min Meditation?

    Kauf dir ein Duftöl! ) und Kommentaren unter den Produkten lassen sich kommerzielle Interessen seitens der Hersteller erkennen.(Alpecin hilft bei einigen "tatsächlich" gehen Haarausfall). Auch die Nährwertampel muss relativ betrachtet werden: klar, hat Hanföl zuviel Fett ;) . Aber sie ist unverzichtbar um sich beim Einkauf einen ersten Überblick zu verschaffen und hilft in vielen Fällen tatsächlich gegen Verbrauchertäuschung (Vital-Müsli!). Wer aber tatsächlich in allem up to date sein möchte, muss auch dafür bezahlen. Denn nicht alle notwendigen Studien werden vom Staat finanziert. Darum bietet meiner Meinung nach Ökotest deren aktuelle Daten zu recht nicht unentgeltlich an.

  • 3G
    35786 (Profil gelöscht)

    Der Artikel lässt für mich einige wichtige Fragen offen. Liegt es hier allein am "Willen" von Codecheck nicht die aktuellsten Quellen von Öko-Test und BUND zu nutzen?

    Stellen Öko-Test und BUND den Verbrauchern und App Herstellern die entsprechende Schnittstellen zu Verfügung um direkt und frei auf die aktuellen Daten zugreifen zu können? Ob und Wer hier wirklich im Eigeninteresse handelt ist mir damit unklar. Das Konzept von Codecheck finde ich grundsätzlich sehr gut und Verbraucherfreundlicher als die derzeitigen Möglichkeiten die Öko-Test und BUND bieten. Ich hoffe Codecheck, Öko-Test und BUND finde zu Gunsten der Verbraucher zueinander.

  • In dem Artikel wird Codecheck einerseits vorgeworfen, dass kommerzielle Interessen die Bewertung verfälschen könnten. Andererseits wird aber gesagt, dass Inhaltsstoffe wie Parabene schädlicher bewertet werden, als sie eigentlich sind. Wie geht das zusammen? Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Ich jedenfalls bin großer Fan der App.