App für Röntgenbild-Diagnose: Finde den Tumor
Eine App soll Medizinern helfen, Röntgenbilder richtig zu interpretieren. Neben Testaufgaben ist auch ein Austausch der Ärzte über reale Problemfälle möglich.
BERLIN taz | „Teste dein Wissen gegen die Uhr“. Dazu fordert die neue App „Experior Medical“ auf, mit der Medizinstudenten und Ärzte sich in der möglichst schnellen und treffenden Interpretation von Röntgenbildern üben können. Entwickelt hat diese App ein Team um den nordirischen Nuklearmediziner Tom Lynch und den IT-Experten Kevin Donaghy.
Sie zeigt dem Benutzer eine Vielzahl verschiedener Röntgenbilder. Aufgabe ist es, diese zu lesen und eine Diagnose zu stellen. Im Falle einer Fehleinschätzung gibt es in Echtzeit ein professionelles Feedback. Die Ergebnisse werden gespeichert, um so mit der Zeit die Stärken und Schwächen des Benutzers zu erkennen und gezielt an ihnen zu arbeiten. In einem Interview mit dem britischen Fernsehsender BBC erklärte Lynch, „Experior Medical“ sei die erste App ihrer Art weltweit.
Mehrere tausend Bilder und Tests befinden sich in der Bilddatenbank der App. Manche sind eindeutig, bei anderen ist die Diagnose schwieriger. Gebrochene Kiefer, Gewebeansammlungen in der Brust oder Haarrisse im Schädel - das Aufgebot an körperlicher Gebrechen ist vielseitig. Dennoch handele es sich bei den Aufnahmen um „typische Röntgenbilder, die ein angehender oder auch erfahrener Arzt in der Notaufnahme sehen würde“, erklärte Lynch der BBC.
Der große Vorteil von „Experior Medical“: Da die App für das iPad entwickelt wurde, können Ärzte und Studenten von überall darauf zugreifen. Im Krankenhaus oder Zuhause, 24 Stunden, rund um die Uhr. Lynch zufolge hat die App bereits 10.000 Benutzer, manche von ihnen sogar in Australien und Neuseeland.
Hilfe bei der Diagnose in schwierigen Fällen
Doch die App soll mehr sein als nur ein Übungsfeld. Sie soll auch in der Realität helfen, schwierige Fälle zu lösen. Ist sich ein Arzt bei einem Röntgenbild mit seiner Diagnose unsicher, kann er es mit Hilfe der App hochladen und sich mit Kollegen und Kolleginnen auf der ganzen Welt darüber austauschen, berichtet Heise Online. So sollen Fehldiagnosen reduziert werden. Um diese Funktion zu nutzen, ist allerdings eine Zustimmung der Patienten nötig.
Lynch zufolge zeichnet sich die App durch die Kombination von unmittelbarem Feedback und Langzeiteffekt aus. Dadurch, dass die Testergebnisse gespeichert werden, wird das Profil des Benutzers immer detaillierter. So kann er die Fälle, die ihm besonders schwierig erscheinen, gezielt trainieren. Lynch zufolge gehe diese Methode viel weiter als das übliche Monitoring mit einem Punktesystem für besuchte Fortbildungen. Denn mit „Experior Medical“ könne man die Fähigkeiten und Verbesserungen der Ärzte direkt nachverfolgen.
Die Idee, medizinische Weiterbildung mit mobilen Geräten zu kombinieren, trifft den Trend der Zeit. Längst erfüllen Apps nicht mehr nur den Zweck mobiler Straßenkarten oder Busfahrpläne. Taz.de berichtete vor kurzem über eine „Ich-bin-noch-am-Leben“-App, mit der Smartphone-User im Libanon ihrer Familie nach einem Anschlag ein Lebenszeichen senden können.
Nicht nur Mediziner können mit „Experior Medical“ unabhängig von Zeit und Ort ihre Fertigkeiten an Röntgenbildern testen. Die App kann man sich momentan gratis im iTunes Store herunterladen. Und so könnte es gut sein, dass sich zu den Quizduell-Spielern, Twitter-Schreibern und Schach-Duellanten in der U-Bahn bald auch der eine oder andere Röntgenbild-Interpretierer gesellt.
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