Anwalt von Ai Weiwei festgenommen: KP-Führung erinnert an Tiananmen

Bereits einen Monat vor dem 25. Jahrestag des Tiananmen-Massakers geht Chinas Führung gegen Menschenrechtsaktivisten vor.

Der Künstler Ai Weiwei und sein Anwalt Pu Zhiqiang im Juni 2012. Bild: ap

PEKING taz | Chinas heutige Jugend weiß kaum, was am 4. Juni vor 25 Jahren auf dem Tiananmenplatz geschah. Der chinesischen Führung ist es erfolgreich gelungen, die brutale Niederschlagung der Demokratiebewegung und das Geschehen von damals tot zu schweigen.

Bis heute ist es niemanden in der Öffentlichkeit erlaubt, darüber zu reden, geschweige denn der Opfern zu gedenken. Wer sich dem widersetzt wird eingesperrt. Im privaten Rahmen aber haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder Aktivisten von damals, Intellektuelle und Angehörige der Opfer getroffen, um sich gemeinsam der Ereignisse zu erinnern.

Jetzt ist nicht einmal das mehr möglich. Sicherheitskräfte in Peking haben am Montag den in der chinesischen Dissidentenszene bekannten Menschenrechtsanwalt Pu Zhiqiang festgenommen. Wie der befreundete Anwalt Si Weijiang berichtet, haben sie ihn bereits am Sonntag zum Verhör vorgeladen. Am nächsten Tag hätten sie seine Wohnung gestürmt, Bücher, Handy und Computer konfisziert und ihn dann mitgenommen.

Pu wird unter anderem „Unruhestiftung“ vorgeworfen. Am Samstagabend hatte sich Pu mit rund 20 Universitätsprofessoren, Anwälten, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten getroffen. Die meisten von ihnen waren vor 25 Jahren dabei, als in der Nacht zum 4. Juni 1989 Panzer auffuhren und den bis dahin weitgehend friedlich verlaufenden Protest von Hunderttausenden zumeist Studenten mit Gewalt niederschossen.

Rechtsanwalt und Bürgerrechtler

Fast alle Teilnehmer des Treffens sind am nächsten Tag stundenlang verhört oder gar festgenommen worden. Mindestens drei weitere Teilnehmern des Treffens werden vermisst, unter anderem die Journalistin und Netzaktivistin Liu Di, der Aktivist Hu Shigen und Hao Jian, ein Professor der Pekinger Filmakademie.

Als Rechtsanwalt vertritt Pu Zhiqiang seit Jahren Bürgerrechtler. Auch vertrat der den oppositionellen Künstler Ai Weiwei. Zudem hat Pu sich in der zentralchinesischen Stadt Chongqing für die Insassen von Arbeitslagern eingesetzt, die ohne rechtlicher Grundlage über Monate hinweg Zwangsarbeit verrichten mussten.

Pu gehört auch zu den Mitunterzeichnern der Charta 08, einem Manifest von mehr als 5.000 Intellektuellen und Bürgerrechtsaktivisten, das zu Demokratisierung und politischen Reformen in der Volksrepublik aufruft.

In seinen eigenen Forderungen gilt Pu als gemäßigt. Allerdings hatte der 48-Jährige mal in einem Text in der New York Review of Books beschrieben, wie er und seine Freunde sich geschworen hatten, jedes Jahr auf den Tiananmenplatz zurückzukehren, um an die Opfer der Niederschlagung zu gedenken.

Die Menschenrechtsorganisation China Human Rights Defenders (CHRD) mit Sitz in den USA zeigt sich zutiefst erschrocken über die Verhaftung von Pu und spricht von einem „Akt der Einschüchterung“. Zum 25. Jahrestag in diesem Jahr werde es in China zweifellos eine strengere Beschränkung des Rechts auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit geben als je zuvor.

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