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Antwort auf Obamas RedeSeien Sie mutiger, Herr Präsident

Mit Spannung erwartet, hat Barack Obama am Mittwoch in Berlin eine hübsche Rede gehalten. Wir hätten gerne etwas mehr gehört. Eine Replik.

Lässig kann er immer: US-Präsident Obama in Berlin. Bild: ap

Dear Mister President,

es ist ja nicht so, dass es nicht gefällig gewesen wäre. Diese kleine Geschichtsstunde, die Sie am Pariser Platz am Mittwoch in Berlin gehalten haben. John F. Kennedy, James Madison, Martin Luther King. Sie haben sich der Worte der Großen in der amerikanischen Geschichte bedient, die Persönlichkeiten gewürdigt und dabei immer die rhetorisch elegante Anbindung an die Geschichte der ehemals geteilten Stadt Berlin, ihrer Wiedervereinigung und dem Freiheitsdrang der Menschen gefunden.

Das hört man sich gerne an, in Ihre Rede konnte man sich ergeben wie in die heiße Nachmittagssonne.

Und die Stilfrage ist seit Ihrem Wahlkampfauftritt im letzten Herbst in lederner Fliegerjacke lange positiv für Sie beantwortet, das Ablegen des Jackets und das leichte Aufkrempeln der Hemdsärmel in Berlin belegen erneut, dass Sie verstehen, die Bühnen dieser Welt lässig und cool zu bespielen.

Doch mit den warmen Worten Ihrer Rede ist es wie mit der Berliner Sonne: Das gute Gefühl schlägt ab einem gewissen Punkt in Unbehagen um. So gern würde man von Ihnen etwas hören, das über das Vage und Unspezifische hinausgeht. Sie müssen uns gar nicht schmeicheln, über diesen Punkt in der deutsch-amerikanischen Beziehung sind wir längst hinweg.

Auch ein ikonischer Satz ist von vorneherein ein naiver Anspruch an Sie gewesen – wir leben derzeit nicht wirklich in Zeiten ikonischer Sätze. Wir brauchen keine ikonischen Sätze.

Schreiben Sie Geschichte

Jedoch: Alte Wahlkampfversprechen zu wiederholen, aber nicht zu konkretisieren (Guantanamo-Schließung), innenpolitisch unrealistische Ziele zu formulieren (Klimaschutzbemühungen erhöhen) und politische Forderungen zu stellen, die abhängig von einem Partner sind (nukleare Abrüstung im Gleichschritt mit den Russen), machen aus einer gefälligen Rede noch lange keine außerordentliche Rede.

Sie haben es am Brandenburger Tor selbst gesagt: „Die Mauer gehört der Geschichte. Aber wir haben auch Geschichte zu schreiben.“ Schreiben Sie Geschichte. Halten Sie Ihre nächste internationale Rede genau so: vorwärtsgewandt, mutig, mit einer zweiten Amtszeit im Rücken, die Sie nicht dem Druck eines erneuten Wahlkampfs aussetzt.

Sagen Sie nichts Unrealistisches, konzentrieren Sie sich auf Themen, die sie in der Hand haben, in der sie nicht abhängig von der politischen Opposition in Ihrem Land sind: Ihre Drohnenpolitik gehört genauso dazu wie das Maß an Überwachung der Bürger, das sich die USA leisten wollen. Da hätten wir Ihnen gerne länger zugehört und mehr Details gelauscht. Zu Gunsten einger Worthülsen weniger.

Umfragewerte sind nicht mehr die Währung, in der Sie ihre Arbeit messen sollten, es sind Erwartungen. Und nicht etwa die Erwartungen enttäuschter Fans, die sich seit ihrem Auftritt in Berlin vor fünf Jahren an ein Traumbild geklammert haben. Es sollten Ihre eigenen sein.

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8 Kommentare

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  • J
    Jupp

    Seit Tagen vermißte ich die Vorlage der Beweise, deren Vorhandensein von Obama oder seinem Umfeld für den Einsatz von Giftgas in Syrien behauptet wurde. Und davon war in Nordirland schon keine Rede mehr.

     

    Wer hat im Ernst was von einer Obamarede, gehalten im Juni 2013 und dies in Berlin, erwartet?

     

    Was hätte das denn sein können? Versprechen, Eingeständnisse, Selbstanklagen, das Einräumen von Zweifeln?

     

    Sollte er sagen, dass er von Geschichte, zumal der des jeweiligen Landes, das er besucht, auch nur soviel Ahnung hat, wie ihm seine Redenschreiber zumuten?

     

    Sollte er mitteilen, was doch jeder sieht, sich den Mehrheitsmeinungen der verbreiteten Meinung der Mächtigen in seinem Land angepasst zu haben?

     

    Die Obamas unterliegen vielen Einflüssen und Zwängen, dienen letztlich dem us-amerikanischen Kapitalismus, der selbst die Bevölkerungsmehrheit in den USA weiterhin fest im Griff hat, auf Kosten einer gerecht gestalteten Welt.

     

    Das hat doch jeder gewußt, besonders die Horde, die ihren unwichtigen Job als "Berichterstatter" machen konnten, wie sie ihn auch bei Königin Julianas Staatsbesuchen, allerdings mit etwas weniger Hoffnung auf Sendezeit, gemacht hätten.

  • D
    DerDemokrator

    Was kann ein "demokratisches" Staatsoberhaupt in Zeiten der Globalisierung denn überhaupt noch machen?

    Die Sch...republikaner im Kongreß blockieren alles was möglich ist um Obama zu schädigen, selbst wenn sie dabei selbst mit untergehen.

    Es war erkennbar das er die Waffengesetze verschärfen wollte, klappt nicht weil die dummen Rednecks (und davon gibt es viel zu viele in den USA) das nicht wollen, selbst wenn noch mal 100 Kleinkinder in einem Amoklauf gekillt werden. Guantanamo Bay geht auch nicht, weil erstens Bündnisspartner zu feige wären Terroristen aufzunehmen und auch hier die Reps blockieren.

    Er hat mehr durchgekriegt als die meisten anderen Präsidenten trotzdem hassen ihn die "arischen Amis" wg. seiner Hautfarbe, andere wg. seiner Politik und seine alten Bewunderer deswegen weil er nur ein Mensch ist und kein Gott.

    PRISM ist sch... aber der internationale vor allem islamistische Terrorismus auch, werden wir spätestens dann wieder mitbekommen, wenn mal wieder ein Bahnhof, ein Einkaufszentrum oder ein anderer öffentlicher Event durch Bombenterror zerstört wird.

     

    So ist das Internetzeitalter eben, die Freiheit des Netzes besteht überwiegend aus "Lug und Trug"-völlig normal.

     

    Ciao

    DerDemokrator

     

     

    P.S. Die Welt ist nun mal so wie sie ist, spür ich jeden Tag und hat wenig mit "Friede,Freude,Eierkuchen" zu tun, vor allem wenn alle nur nölen statt aktiv zu werden.

  • Z
    Zsolt

    Deutschland und Europa sind seit dem Kennedy Besuch dramatisch aus dem Fokus der US-Außenpolitik geraten, besonders bei diesem pazifischen Präsidenten. Da braucht man sich bei der Rede auch nicht mehr so anzustrengen.

  • A
    antares56

    Was mir zu Obama einfällt ist eine Aussage von Noam Chomsky in den letzten Tagen in Bonn:

    ""Wenn man Obama vor einen Internationalen Gerichtshof stellen würde, dann sollte man ihn dafür anklagen, dass er eine der extremsten Terroristen-Kampagnen der Welt organisiert hat." El Kaida sei schlimm, aber dieser Staatsterror sei noch schlimmer."

  • SG
    Schmidt Georg

    hab ich was verpasst-also ich war mit meinen Kinder bis 5Uhr im Schwimmbad, dann habe ich den Grill in Gang gebracht-danach ein bischen big pang? geguckt-hab ich nun was verpasst !?

  • E
    Etean

    "Wir hätten gerne etwas mehr gehört"

    Von dem Typ will ich gar nichts mehr hören, sondern endlich Taten sehen.

     

    Ich glaub dem schon seid er bereits kurz wenige Wochen nach Amtsantritt Drohneneinsätze in Pakistan genehmigt hat kein Wort mehr.

    (Beim Einsatz gingen natürlich hauptsächlich Zivilisten drauf und Pakistan wurde über den Einsatz nicht bescheid gegeben).

    Außer Medicare fällt mir jetzt auch kein wirklich nennenswertes Wahlversprechen ein, das er umgesetzt hat.

  • VL
    Versprechen. Lügen, Überwachungen, Spionage, Diebstahl, Bevormundung, Besatzung, Gewalt

    Die Bilder von dem Typen hinter den Glasscheiben waren durchaus nett anzusehen. Alles andere von drüben ist weniger lustig.

  • M
    Michael

    "...ikonischer Satz ist von vorneherein ... ikonischer Sätze. Wir brauchen keine ikonischen Sätze. ..."

     

     

    Hach was sind wir intellektuell ... und nichtssagend