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Antrittsrede von US-Präsident Obama"Unser buntes Erbe ist eine Stärke"

Barack Obama ist als 44. Präsident der USA vereidigt worden - der erste Schwarze im Amt. In seiner Antrittsrede betonte er die Einigkeit der USA.

"Hass wird vergehen": US-Präsident Barack Obama. Bild: ap

In keiner anderen Hauptstadt der Welt ist die Geschichte eines Landes auf vier Kilometern Länge und 91 Metern Breite zusammengefasst. Nur in Washington. Im Westen der National Mall steht das Lincoln Memorial, in dem der Präsident des Bürgerkriegs überdimensioniert thront. Von dort gelangt man zum Washington Monument zu Ehren der Unabhängigkeit Amerikas und des ersten amerikanischen Präsidenten, George Washington. An den Seiten gibt es Orte der Erinnerung an Kriege: Zweiter Weltkrieg, Korea, Vietnam. Im Osten schließlich das Kapitol, der von Sklaven erbaute Sitz des Kongresses. Auf dessen Treppen gestern Abend, 12 Uhr Ortszeit, eine neue historische Ära: Der 44. Präsident der USA, der erste schwarze Präsident der USA, Barack Hussein Obama, wurde vereidigt.

Er spricht die in der Verfassung vorgeschriebenen Worte: "Ich gelobe feierlich, dass ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten getreulich ausüben und die Verfassung der Vereinigten Staaten nach besten Kräften erhalten, schützen und verteidigen werde." Bei der Vereidigung legt der neue US-Präsident die Hand auf eine Bibel. Der Eidesformel fügt er wie fast alle seiner Vorgänger den religiösen Zusatz hinzu: "So wahr mir Gott helfe."

Der 47-Jährige verhakt sich beim Eid zweimal. Er nimmt es wie immer und lacht. Kurz vor seinem Amtsantritt Obamas war auch Vizepräsident Joe Biden vereidigt worden. Der strikt konservative evangelikale Pastor Rick Warren sprach ein Bittgebet.

Zwei Millionen Menschen waren dabei an diesem historischen Tag. Sie versammelten sich an der National Mall. Auch die noch lebenden Präsidenten der USA waren anwesend: Jimmy Carter, George W. Bush senior und junior und Bill Clinton.

Obama sprach zu den Bürgern Amerikas - und zur Welt. "Liebe Bürger und Bürgerinnen, ich stehe hier und heute vor Ihnen, demütig vor der Aufgabe, die vor uns liegt, dankbar für das Vertrauen, das Sie mir geschenkt haben", lauten seine ersten Worte als vereidigter Präsident.

Die Aufgabe, die vor ihm liegt, übernimmt er "inmitten einer Krise", sagte Obama. "Unsere Nation befindet sich im Krieg gegen ein Netzwerk von Gewalt und Hass." Die amerikanische Wirtschaft sei schlimm geschwächt. Viele Menschen hätten ihre Häuser verloren. Das Gesundheitssystem sei zu teuer. " Heute sage ich Euch: Die Herausforderungen sind real. Sie sind ernst und es sind viele. Sie werden weder leicht noch in kurzen Zeit zu bewältigen sein. Aber wisse dies, Amerika: Sie werden bewältigt werden." Denn, so fuhr fort: "Wir zusammengekommen, weil wir die Hoffnung und nicht die Angst gewählt haben, weil wir die Zweckgemeinschaft über den Konflikt und die Uneinigkeit stellen."

Wie schon im Wahlkampf betonte Obama die gesellschaftliche Einheit der USA, die Überwindung der gesellschaftlichen Gräben. "Wir wissen, dass unser ,Patchwork'-Erbe eine Stärke ist und keine Schwäche. Wir sind eine Nation von Christen und Muslimen, Juden und Hindus - und Ungläubigen. Wir wurden von jeder Sprache und Kultur aus jeder Ecke der Welt geformt, und weil wir den Geschmack des bitteren Gesöffs des Bürgerkrieges und der Rassentrennung kennen und aus diesem dunklen Kapitel stärker und vereinter hervorgingen." Denn, so formulierte er in einer der wenigen pathetischeren Stellen: "Wir können nicht anders als zu glauben, dass alter Hass vergehen wird."

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4 Kommentare

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  • M
    M.Eskandani

    Obamas Wahl ist nicht nur ein Meilenstein für die USA, weil er als Farbiger gewählt wurde. Sie ist es vor allem auch, weil er von jungen Nicht-Weissen gewählt wurde. Sie wußte er zu mobilisieren,u.a. mit seiner innovativen Nutzung der neuen Medien, Internet und Handy, die eben dieser Wählerschicht besonders entgegenkommen. Mit Obamas Wahl ist damit das eingetreten, was prognostiziert wurde: die nicht-weisse Bevölkerung gibt in den USA zunehmend den Ton an, kulturell und nun auch Stück für Stück politisch. Was bedeutet diese Entwicklung in den USA in Zukunft für Europa?

    Zugleich sehen wir so auch ein Stück innenpolitischer Zukunft vieler europäischer Staaten in Bezug auf ihre Einwanderer und deren Nachkommen. Auch unsere politische Welt wird sich zunehmend verändern. Mit welchen Folgen?

  • T
    tabsl

    Finde, das hier ist ein wichtiger Text (unter anderen Texten) und ich möchte ihn gerne aufbewaren -

    jetzt stellt sich mir (nicht zum ersten Mal) die Frage: gibt es keinen Lektor??? Eine Person die Artikel gegenliest?

    ;)

  • JA
    Jörn Albring

    Es war nicht der der 47-jährige Obama, der sich beim Eid verhakt hat, sondern vielmehr der 53-jährige Chief Justice, John Roberts, der sich vertan hat. Roberts hatte darauf verzichtet den Text abzulesen und dann versehentlich das Wort "faithfully" an eine andere als die in der Verfassung vorgesehen Stelle platziert. Obama hat offensichtlich versucht den Fehler zu korrigieren, sich dann aber wohl entschieden Roberts einfach nachzusprechen, um den Eid so reibungslos wie möglich abzulegen.

     

    So hätte der Schwur lauten sollen:

    "I Barack Hussein Obama do solemnly swear that I will faithfully execute the office of president of the United States, and will, to the best of my ability, preserve, protect, and defend the Constitution of the United States."

     

    So ist es abgelaufen:

    ROBERTS: I Barack Hussein Obama

    OBAMA: (unterbricht) I Barack

    ROBERTS: Do solemnly swear

    OBAMA: I, Barack Hussein Obama, do solemnly swear

    ROBERTS: That I will execute the office of president to the United States faithfully (Hier macht Roberts zwei Fehler: 1. "president to" anstelle von "president of" und dann "United States faithfully" anstelle von "faithfully execute"

    OBAMA: That I will execute (grinst und wartet bis Roberts das Wort "faithfully" an die richtige Stelle bringt)

    ROBERTS: The off - faithfully - the pres - the office of president of the United States

    OBAMA: The office of president of the United States, faithfully (Hier weicht dann auch Obama vom Text ab)

    ROBERTS: And will to the best of my ability

    OBAMA: And will to the best of my ability

    ROBERTS: Preserve, protect, and defend the Constitution of the United States.

    OBAMA: Preserve, protect, and defend the Constitution of the United States.

    ROBERTS: So help you God?

    OBAMA: So help me God.

  • TM
    Tom Müller

    An diesem Tag habe mich die Amerikaner mehr von Gott reden hören als den Papst! Das sagt schon alles aus!