piwik no script img

Antrittsbesuch des Kanzlers in BerlinVon Gillamoos nach Mitte

Der Kanzler auf Visite beim Regierenden Bürgermeister. Hätte krawallig werden können, blieb aber freundlich. Nicht einmal das „Stadtbild“ war Thema.

Etwas ungelenk und am ausgestreckten Arm, aber immerhin: Kai Wegner und Friedrich Merz reichen sich die Hand Foto: Michael Kappeler/picture alliance

Es sind nur etwas mehr als zweieinhalb Kilometer Luftlinie vom Bundeskanzleramt bis zum Roten Rathaus. Am Bundestag vorbei, Unter den Linden entlang und rechts in die Spandauer Straße abbiegen. Den Antrittsbesuch von Friedrich Merz beim Regierenden Bürgermeister Kai Wegner hätte man folglich eher als ersten unter den 16 Antrittsbesuchen bei ebensovielen Ministerpräsidenten erwarten können.

Tatsächlich aber hat Merz schon 13 davon hinter sich, als er am Mittwoch zu seinem Parteifreund Kai Wegner ins Rote Rathaus kommt. Nur noch Rheinland-Pfalz und Hessen sind offen, kann man beim Bundespresseamt hören. Was auch daran liegen könnte, dass es eben eine Partei-Freundschaft zwischen den beiden ist und nicht mehr. Wegner hatte den heutigen Kanzler schon als früheren Oppositionsführer mehrfach kritisiert und ein Rütteln an der Brandmauer abgelehnt. Er drängte auf eine Lockerung der Schuldenbremse und war auch nicht sonderlich erfreut, als Merz das niederbayerische Volksfest Gillamoos für deutscher hielt als Kreuzberg.

Schon tags zuvor hat Wegner auf eine taz-Frage nach seinem Verhältnis zu Friedrich Merz gesagt: „Es ist kein Geheimnis, dass wir an der einen oder anderen Stelle eine unterschiedliche Auffassung haben. Das ist aber nicht schlimm.“ Denn: „Wir arbeiten trotzdem gut zusammen.“ Was Merz zu diesem Thema denkt, bleibt am Mittwoch offen – in der kurzen Pressekonferenz kommt die taz mit dieser Frage nicht dran. Immerhin wird klar, dass sich die beiden duzen, was in der CDU immer noch nicht so normal ist wie bei den Grünen.

Zu hören ist dann auch noch, dass sich Merz der Bewertung Wegners für das tags zuvor errichtete Walter-Lübcke-Denkmal direkt vor der CDU-Bundeszentrale anschließt. Der sieht eine Instrumentalisierung des 2019 Ermordeten und sagt, das sei „an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten“.

Merz lobt Berliner Innovationen

Die Ankündigung des Besuchs von Merz hatte ja durchaus eine gewisse Erwartung geweckt – auch wenn es nicht sein erster im Roten Rathaus ist, aber eben der offizielle zum Amtsantritt. Denn seinen viel debattierten „Stadtbild“-Satz sagte der Bundeskanzler bei einem ebensolchen anderen Antrittsbesuch, nämlich Mitte Oktober in Potsdam.

Im Wappensaal des Roten Rathauses aber kommt so etwas nicht vor. Stattdessen gibt es Lob für Berlin als „kulturellen Schrittmacher“ und „Treiber von Innovation“. Vor der kurzen Pressekonferenz hat sich Merz ins Goldene Buch der Stadt eingetragen und weitere Senatsmitglieder getroffen. Anschließend besichtigt er mit Wegner in Adlershof das Unternehmen Space Technologies.

Um einen Merz im Haus zu haben, hätte der Bundeskanzler allerdings gar nicht ins Rote Rathaus kommen müssen: Dort arbeitet seit vielen Jahren ein Namensvetter im Presse- und Informationsamt. Der hat zwar keinen Kanzler-, aber dafür einen Doktortitel.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare