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Anton Hofreiter über Antibiotika-Einsatz„Nicht für Tiere“

Die Grünen haben einen „Aktionsplan gegen Antibiotika-Missbrauch in der Landwirtschaft“ präsentiert. Anton Hofreiter sagt, wie man Resistenzen minimieren kann.

Steht nicht auf Antibiotika für Tiere: Anton Hofreiter Bild: dpa
Jost Maurin
Interview von Jost Maurin

taz: Herr Hofreiter, was sollte die Bundesregierung als Erstes in der Landwirtschaft tun?

Anton Hofreiter: Die Bundesregierung muss den Einsatz von Reserve-Antibiotika in der Nutztierhaltung verbieten. Der hat in den letzten zwei Jahren um bis zu 50 Prozent zugenommen. Reserve-Antibiotika können Menschen das Leben retten, die von multiresistenten Keimen befallen sind. Deshalb halten wir es für unverantwortlich, wenn diese Medikamente tonnenweise in der Tierhaltung eingesetzt werden.

Und sonst?

Es müssten Mengenrabatte abgeschafft werden, die Tierärzte von den Arzneimittelherstellern erhalten, wenn sie große Mengen Antibiotika abnehmen. Und bei der Tierhaltung muss etwas verändert werden, denn man stellt fest: Je nachdem wie die Tiere gehalten werden, brauchen sie mehr oder weniger Antibiotika. Auch in konventionellen Ställen können Sie den Antibiotika-Einsatz auf ein Drittel runterkriegen.

Die Grünen stellen doch Agrarminister in mehreren Ländern, die zum Beispiel eine bessere Tierhaltung vorschreiben könnten. Haben die wirklich genug getan?

Die tun bereits sehr viel. Niedersachsen beispielsweise hat gerade neue Stellen zur Kontrolle des Antibiotika-Einsatzes geschaffen. Die Niedersachsen haben sich auch das Ziel gesetzt, den Antibiotika-Einsatz innerhalb von fünf Jahren um 50 Prozent zu senken. Aber viele Sachen können nur auf Bundesebene geregelt werden

Ist es überhaupt belegt, wie viel Anteil die Tierhaltung an Antibiotika-Resistenzen hat?

Aktuelle Zahlen zeigen: In manchen Regionen mit sehr viel Massentierhaltung stammen fast 30 Prozent der im Krankenhaus gefundenen MRSA-Keime aus der Tierhaltung. Bauern sind besonders gefährdet.

Das ist immer noch die Minderheit. Warum so viel Fokus auf die Landwirtschaft?

Wenn Sie selbst im Krankenhaus schon einen erheblichen und steigenden Anteil aus der anderen Quelle finden, dann wird es bedrohlich. Ja, in der Humanmedizin muss auch etwas getan werden. Aber dort stagniert das Problem auf hohem Niveau, in der Tierhaltung hat es sich radikalisiert.

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5 Kommentare

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  • So sind die Grünen halt, wer löst schon gern Probleme wenn man mit billiger Stimmungsmach auf kosten von Minderheiten doch so schön leben kann.

    Guter Artikel http://www.taz.de/Antiobiotikaresistente-Keime/!154487/

  • Das BfR schreibt in seiner Stellungnahme vom 22.01.2015: "Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) aus der Nutztierpopulation (la-MRSA) beispielsweise spielen kaum und im Vergleich zu MRSA-Typen aus der humanen Population (community- und hospital acquired-MRSA) eine untergeordnete Rolle als Erreger schwer behandelbarer Infektionen beim Menschen. Nachweise dieses Keims beim Menschen machen in Deutschland insgesamt weniger als 5 % aller nachgewiesenen und typisierten MRSA aus und werden vor allem bei beruflich exponierten Personen wie Landwirten und Tierärzten nachgewiesen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 95 % der nachgewiesenen MRSA aus dem Bereich der Humanmedizin stammen. Da die vom Tier stammenden MRSA fast immer sensibel für therapeutisch wichtige Wirkstoffklassen sind, ist eine Behandlung dieser Infektionen zumeist möglich." Quelle: http://www.bfr.bund.de/cm/343/antibiotikaresistenz-in-nutztierbestaenden-und-lebensmitteln-ihr-bedeutung-fuer-die-humanmedizin-und-handlungsoptionen-fuer-das-risikomanagement.pdf

     

    Laut Auskunft der Grünen auf der Fb-Seite der Bundestagsfraktion beziehen sich die von Hofreiter genannten 30 Prozent "der im Krankenhaus gefundenen MRSA-Keime" auf die Studien von Robin Köck et al., Klinikum Münster. Dort steht zur Herkunft der Proben: "Anteil (%) MRSA CC398 an

    allen MRSA aus klinischen

    Untersuchungsmaterialien

    (oben) und aus

    Screeningmaterialien (unten)

    aus dem Jahr 2012". Das heißt, es handelt sich hier nicht ausschließlich um nachgewiesene Infektionen, sondern auch um Besiedelungen etwa der Nasenschleimhaut, die beim Eingangsscreening im Krankenhaus entdeckt worden sind. Eine Besiedelung ist aber erst einmal nicht gefährlich. Dass Besiedelungen bei Landwirten, Tierärzten etc. häufiger vorkommen, ist bekannt, deswegen sind diese Menschen aber nicht häufiger krank.

  • Missing Microbes: How the Overuse of Antibiotics Is Fueling Our Modern Plagues:

    http://amzn.to/1DPmFBn

     

    http://www.bloombergview.com/articles/2014-05-15/why-antibiotic-dreams-don-t-come-true

  • Richtig, in der Humanmedizin muss auch etwas getan werden. Vor ein paar Jahren habe ich mich mal im Kosovo mit einem Medizinstudenten über Antibiotika unterhalten. Der erzählte mir, dass dort vor einem Antibiotikaeinsatz der Arzt erst einen Abstrich macht, im Labor zwei Tage lang ausgetestet wird, welches Antibiotikum bei diesem Erreger am besten hilft, und dieses dann verschrieben wird. Er meinte dann doch tatsächlich zu mir, dass bei uns die Laborverfahren besser sind und es bei uns nur einen Tag dauern dürfte.

     

    Als ich dann erwiderte, nein, eigentlich kriegen wir immer direkt ein Antibiotikarezept mit, ohne weitere Laboruntersuchung, war er durchaus unangenehm überrascht. Er meinte, dass die Ärzte dann offenbar standardmäßig Breitspektrumantibiotika einsetzen. Das erzeugt dann natürlich gleich Resistenzen gegen diese hochwirksamen Antibiotika und nicht nur gegen spezifische einzelne Medikamente.

    • @Smaragd:

      "... und bei uns dürfe es nur einen Tag dauern"

       

      Auch mit dem schönsten Glas für die Petrischale wachsen die Bakterien nicht schneller, und einen Wärmeschrank ist nun kein High-Tech.