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Antiziganismus in FrankreichRoma unerwünscht

Trotz reichlich Kritik der EU-Kommission haben französchische Behörden erneut eine Roma-Unterkunft geräumt. Ersatzunterkünfte gibt es nicht.

Lieber schnell auflösen: Unterkünfte von Roma-Familien in der Nähe von Paris. Bild: dapd

PARIS afp | Trotz anhaltender Ermahnungen durch die EU-Kommission haben die französischen Behörden erneut ein Roma-Lager geräumt. Die Unterkünfte von mehr als 70 Roma wurden am Montagmorgen in Evry bei Paris geräumt, wie ein AFP-Journalist vor Ort beobachtete. Innenminister Manuel Valls, der bis Juni Bürgermeister des Ortes war, verteidigte das Vorgehen und hob hervor, die sanitären Zustände seien „untragbar“ gewesen.

Valls rechtfertigte die Räumung im Sender Europe 1 auch mit dem Sicherheitsrisiko durch die Lage der Roma-Unterkünfte direkt neben einer Bahnlinie. Derartige Räumungen werde es auch weiterhin geben, doch seien die örtlichen Behörden stets aufgefordert, „Lösungen für andere Unterbringungen zu “. Valls kündigte an, Mitte September zusammen mit dem französischen Europaminister Bernard Cazeneuve nach Rumänien und Bulgarien zu reisen, um sich vor Ort darüber zu informieren, warum die Integration der Roma in ihren Heimatländern scheitere.

Bepackt mit Koffern, Plastiktüten, Kinderwagen und Akkordeons hatten die Roma, darunter auch kleine Kinder, am Morgen ihr Lager in Evry verlassen. Nach Angaben der Betroffenen und von Roma-Hilfsorganisationen sollen die Roma nun möglicherweise für einige Tage in eine Sozialunterkunft. Grüne und Roma-Hilfsorganisationen kritisierten, dass eine für Dienstag angesetzte Gerichtsentscheidung nicht abgewartet worden sei. Im Département Essonne im Großraum Paris hatten bereits am Wochenende rund hundert Roma ihr von einer Räumung bedrohtes Lager selbst verlassen.

In Frankreich wird derzeit heftig über die Politik gegenüber den Angehörigen der Minderheit der Roma diskutiert, die zumeist aus Rumänien und Bulgarien kommen. Der neue sozialistische Innenminister Valls war auch in den eigenen Reihen unter Beschuss geraten, weil ihm vorgeworfen wurde, den harten Kurs der konservativen Vorgängerregierung unter Ex-Präsident Nicolas Sarkozy fortzusetzen. Die EU-Kommission stellte die französische Politik gegenüber der Minderheit Anfang August erneut unter Beobachtung.

Die französische Regierung hatte daraufhin vergangene Woche angekündigt, die für Bulgaren und Rumänen geltenden und auf EU-Richtlinien basierenden Arbeitsmarktbeschränkungen teilweise abzubauen. Zugleich hält die Regierung aber an der Möglichkeit fest, Roma-Lager in Frankreich aufzulösen. Kritisiert wird an den Räumungen vor allem, dass den Betroffenen keine Ersatzunterkünfte zur Verfügung gestellt werden, wie dies die Sozialisten im Wahlkampf versprochen hatten.

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9 Kommentare

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  • H
    Hans

    @FaktenStattFiktion

     

    Wenn Antisemitismus ein anerkanntes Wort für die Ablehnende Haltung gegenüber einer ethnisch-kulturelle (Volks-)Gruppe beschreibt, dann ist es Antiziganismus auch.

     

    Und Zigeuner ist nicht bei allen Zigeunern ein abwertender Begriff. Es gibt unter den Zigeunern nicht nur Sinti und Roma. Teile der Sinti, etc. setzen sich gegen den Doppelbegriff "Sinti und Roma" oder den Einzeüberbegriff "Roma" ein, da er wiederum die anderen Gruppen unter einem Begriff sammelt, dem sie sich nicht zugehörig sehen.

  • TL
    Tim Leuther

    Ich denke das ist kein "Antiziganismus", sondern ein Anti-Leute-die-in-unser-Land-kommen-und-Wellblechhütten-am-Stadtrand-aufbauen. Da gleich Rassismus vorgaukeln ist Rassistisch. So wie wenn ein Roma aus dem heraus das er Roma ist unfähig wie ein Normaler Mensch zu hausen. Kein Land hat Bock auf Leute die Kommen und Wellblechhütten aufbauen. Und Sie haben recht.

     

    Das Problem ist Rumänien. Es ist einerseits zu Arm für die EU, und andererseits werden dort -in Ihrer Heimat- die Roma diskreminiert. Rumänien sollte man hierfür alle EU Mittel streichen und für die Roma in Frankreich etc. verwenden. Wenn die Rumänen so mit den Roma umgehen, dann gibts eben kein Cent. Aber am Besten man schmeißt den ganzen Balkan aus der EU raus. Denn mit Europa hat das wenig zu tun.

  • B
    broxx

    @FaktenStattFiktion

     

    wie wäre es mit der Kurzform "das KraLinPu"? Kreis-Linien-Punkt. Wobei der Punkt für die Teilzeitgeschichte steht. Auf´m Punkt halt... Und "das" ist irgendwie so Metro-sexuell...

  • B
    broxx

    @Ramon

    autsch :-)))

  • F
    FaktenStattFiktion

    Antiziganismus? Das ist eine Beleidigung, da es den Antizigmismus ohne das abwertende "Zigeuner" nicht geben kann und es auch abwertend gegenüber den Sinti, den Roma oder welchem ZiganerInnen auch immer.

     

    Das nennt sich doch Rotationseuropäer. Also, ich meine natürlich RotationseuropäerInnen. Gut, ich will diese Menschen natürlich nicht ausgrenzen vom Rest der Welt.

     

    Also: RotationswelterInnen.

     

    Wobei - wir können die Drehung ja nicht vorschreiben.

    Also nochmals:

    Rund-oder-LinenbewegungsWeltlerInnen

     

    Zwingen wir die BürgerInenn dann gegen den Willen zur Bewegung? Schwere Frage.

     

    Dann wäre demnach

    "Teilzeit-Rund-oder-LinenbewegungsWeltlerInnen" die korrekte Bezeichnung. Bitte umgehend einführen. Für das (eklig) Gericht mit Fleischanteil gilt damit die Bezeichnung

     

    "Schnitzel mit Teilzeit-Rund-oder-LinenbewegungsWeltlerInnen-Sauce".

     

    Dafür reicht der Platz nicht? Nun hört aber mal auf, die abgedroschene Entschuldigung brigen schon die Franzosen!

     

    Dann schreibt halt Zigeuner....

  • R
    Ramon

    @broxx

     

    Sammeln können sie, nur in den linken Szenegebieten kommt kaum etwas zusammen. Ich sehe diese Linksfuzzis in der S-Bahn sitzen, die geben eigentlich nie Geld, wenn Leute betteln oder musizieren. DAfür haben sie aber einen Becher teuere Kaffee und diese dicken Ohrhörer auf.

    .

    Nee man muss die Roma da direkt bei denen um die Ecke einquatieren, wie damals im linksbesetzten Betanien. Sollen mal sehen, was für Rassisten die Linken dann sein können.

  • B
    broxx

    @Pro-Roma

    Evtl könnte man da ja auch eine "Sammelstelle" für Bargeld einrichten-dann brauchen diese armen Leute nicht in Einkaufspassagen zu betteln...evtl auch eine Sammelstelle für Dinge die sonst geklaut werden müssten...

    Und erzählt mir bitte nicht das diese Leute nicht klauen wie die Raben (Entschuldigung liebe Raben), eine Freundin von mir ist Zigeunerin und wurde regelmäßig von ihrer Mutter zum Klauen geschickt (so mit Wunschzettel).

  • C
    Carsten

    Kann mich »Pro-Roma« nur anschließen. Alternativ könnten sie auch vor der EU-Kommission kampieren. Oder vor dem EU-Gerichtshof für Menschenrechte...

  • P
    Pro-Roma

    Man könnte die Roma nach Deutschland holen und bspw. hier in Berlin in Mitte, Prenzlauer Berg oder Grunewald ansiedeln, mit Geld, dass man den Stadtbezirken an anderer Stelle streicht.

    Ich finde das sollte gehen, wohnen doch gerade da die tolleranten und hilfsbereiten taz-LeserInnen, die gegen RAssismus und Ausgrenzung sind, und gerne ein paar Romas vorbildlich in ihre NAchbarschaft integrieren möchten. Denn die Romas wollen ja auch nicht bei geizigen Neonazis leben müssen.