Antisemitismus-Streit in der Linkspartei: Klo-Affäre hat Konsequenzen

Linke-Abgeordnete entschuldigen sich für eine Filmattacke ihrer Gäste auf Fraktionschef Gregor Gysi. Manchen in der Partei geht das nicht weit genug.

Auf dem Sofa: ein nachdenklicher Gregor Gysi Bild: dpa

BERLIN taz | Der Chemnitzer Linke-Abgeordnete Michael Leutert ist immer noch empört. Es könne nicht sein, dass der Fraktionschef seiner Partei durch den Gang gejagt und Aufnahmen davon „wie bei einem Mobbing-Opfer ins Internet gestellt“ würden, sagte er der taz. Seine beiden Parteikolleginnen Inge Höger und Annette Groth, die das verschuldet hätten, forderte er dazu auf, ihr Mandat niederzulegen.

Groth und Höger hatten am Montag die beiden Journalisten Max Blumenthal und David Sheen zu einem „Fachgespräch“ in einen Konferenzraum des Bundestags eingeladen. Danach wollten ihre beiden Gäste Gregor Gysi aufsuchen, um sich zu beschweren, dass er ihnen angeblich Antisemitismus unterstellt habe. Doch Gysi verweigerte das Gespräch. Als er sein Büro verließ, um zur Toilette zu gehen, eskalierte die Situation. Eine Handy-Kamera lief mit, und die Aufnahmen dieser Szene sorgten im Netz und in der Linksfraktion für große Aufregung.

Die beiden Abgeordneten haben sich inzwischen für den Vorfall entschuldigt, auch die Veröffentlichung des Videos verurteilten sie. Gregor Gysi nahm die Entschuldigung an. Seine Fraktion nahm sie nach einer hitzigen Sitzung bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung lediglich „zur Kenntnis“ und verurteilte den Übergriff „auf das Schärfste“. Außerdem erklärte sie, an Blumenthal und Sheen gerichtet: „Wer uns oder unsere Genossen so feindselig behandelt wie an diesem 10. 11., mit dem werden wir nicht kooperieren.“

Fraktionsmitglied Michael Leutert reicht das aber nicht. „Was soll denn noch passieren?“, fragt er. Seine Partei werde „seit Jahren in Geiselhaft genommen von diesen Leuten“ – gemeint sind Inge Höger und Anette Groth. Ihn stört auch, dass Höger ausgerechnet am 9. November eine Veranstaltung in der Berliner Volksbühne unterstützt habe, bei der Blumenthal und Sheen mit Palästina-Aktivisten auftreten sollten, die einen Israel-Boykott unterstützen. Dabei gebe es klare Beschlüsse, dass man sich nicht an solchen Boykott-Initiativen beteilige, sagt Leutert. Höger und Groth waren 2010 auch auf dem türkischen Schiff „Mavi Marmara“, das auf dem Weg nach Gaza von israelischen Soldaten gestürmt wurde.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) will den beiden Journalisten, die Gysi bedrängt haben, nun Hausverbot erteilen. Ein entsprechendes Verfahren sei eingeleitet worden, teilte die Bundestagsverwaltung am Mittwoch mit. Gysi weist unterdessen den Vorwurf zurück, er habe Blumenthal und Sheen als Antisemiten bezeichnet. „Wir wollen daraus keine Staatsaffäre machen“, hieß es aus seinem Umfeld. Deshalb wird er auch keine Anzeige erstatten. Stattdessen nimmt Gysi die Affäre mit Humor: „Ich werde Sie über meine Klo-Besuche nicht unterrichten“, sagte er gegenüber Journalisten.

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