Antikriegsproteste in Russland: Tausende Festnahmen
In vielen russischen Städten kommt es zu Protesten gegen Putins Krieg in der Ukraine. Sicherheitskräfte gehen brutal gegen DemonstrantInnen vor.
Doch als Orlow ein Plakat mit der Aufschrift „Frieden der Ukraine, Freiheit für Russland“ hochgehalten hatte, fotografierte ihn Gannuschkina. Sie sah noch, wie eine Passantin applaudierte und anschließend Orlow und die Passantin von Sicherheitskräften auf die nächste Polizeistation gebracht wurden. Dann machte sich Gannuschkina wieder auf den Weg nach Hause.
Doch an der U-Bahn wurde sie von einem Polizisten angehalten, eine Kamera mit Gesichtserkennung hatte sie erkannt. Drei Stunden sei sie auf der Polizeiwache festgehalten worden. Der Vorwurf: sie habe sich am 27. Februar an einer nicht genehmigten Mahnwache gegen den Krieg beteiligt. Gannuschkina, die am Sonntag 80 Jahre alt wurde, bestreitet den Vorwurf.
„Ich konnte nicht nicht gegen den Krieg protestieren“ sagte Oleg Orlow der taz. „Ich habe in dieser Situation meine Verantwortung gespürt. Ich sehe doch, dass das, was mein Land in der Ukraine macht, die Zivilbevölkerung tötet. Ich scheue mich nicht zu sagen, was ich denke. Ich war auch im Donbass und habe beschrieben, wie beide Seiten die Zivilbevölkerung beschossen haben. Doch heute ist es einzig unser Land, welches dort Menschen tötet“, so Orlow.
Passanten klatschen
Schön sei es gewesen, zu sehen, dass Passanten ihm applaudiert hätten. Bei der Polizei angekommen, habe er gesehen, dass auch sehr viele junge Menschen festgenommen worden seien, so Orlow. Gannuschkina und Orlow waren in der Tat nicht die einzigen, die am Sonntag protestiert hatten. In zahlreichen Städten, darunter Sankt Petersburg, Wladiwostok, Woronesch, Irkutsk, Rostow-am-Don, Tomsk, Chabarowsk und Wolgograd fanden Protestaktionen statt.
Mit Stand vom Montag früh seien mindestens 4.946 Menschen in insgesamt 69 russischen Städten wegen Antikriegsaktionen festgenommen worden, berichtet das Portal ovd.news. Davon alleine 2.363 Personen in Moskau. Die Protestierenden hätten Plakate wie „Im Krieg gibt es nur Verlierer“ und „Nein zum Krieg“ hochgehalten.
Vor wenigen Tagen hatte die russische Generalstaatsanwaltschaft vor einer Teilnahme an Aktionen gegen den Krieg gewarnt. Extremistische Organisationen, zitiert das Portal tjournal.ru die Generalstaatsanwaltschaft, hätten zu „vermeintlich friedlichen“ Antikriegsaktionen gegen die „militärische Sonderoperation zum Schutz der Volksrepubliken Donezk und Luhansk“ aufgerufen. Eine Teilnahme an derartigen Aktionen, so die Generalstaatsanwaltschaft, sei vergleichbar mit der Aktivität einer extremistischen Organisation. Darauf stünden bis zu sechs Jahre Gefängnis.
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