Antidiskriminierungsgesetz in BaWü: Kein Gesetz Berliner Art
Ein Antidiskriminierungsgesetz steht in Baden-Württemberg im Koalitionsvertrag. Die CDU verspricht, es werde nicht so schlimm wie in Berlin.
Um es gleich im ersten Koalitionsjahr über die Bühne zu bringen, wird derzeit im Hintergrund um Formulierungen gerungen. Und in der ersten Juliwoche wollte erstmals die Opposition im Landtag Auskunft darüber, warum die CDU ein Gesetz mitträgt, das sie vor der Wahl noch energisch bekämpft hatte.
Vor einem Jahr, als Berlin als erstes Bundesland ein solches Gesetz eingeführt hatte, hatte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl noch damit gedroht, keine baden-württembergischen Beamten mehr zur Amtshilfe in die Hauptstadt zu schicken. Konservative kritisieren eine vermeintliche Beweislastumkehr im Berliner Gesetz.
Dass das grüne Anliegen, zusammen mit einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte, nun trotzdem im Koalitionsvertrag landete, liegt vor allem daran, dass die Bündnispartner der grünen Parteibasis etwas bieten mussten. Besonders die Grüne Jugend hatte sich nach den Sondierungen für ein Dreierbündnis mit FDP und SPD starkgemacht.
Als die CDU dem Antidiskriminierungsgesetz zähneknirschend zustimmte, wurde Strobl von Polizeigewerkschaften kritisiert. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) tönte mit Blick auf den Koalitionsvertrag, die CDU buhle um die Regierungsbeteiligung „wie Prostituierte auf dem Straßenstrich“. Sie mache es „für zehn Euro auch ohne Gummi“.
So eingeklemmt zwischen entgleisten Beamtenfunktionären und dem Koalitionspartner versucht Strobl nun unter allen Umständen den Eindruck zu vermeiden, in Baden-Württemberg könnte es ein Gesetz nach dem Vorbild der Landeshauptstadt geben, das er selbst früher so scharf kritisiert hatte. Deshalb beteuerte er vergangene Woche im Landtag: „Es wird mit mir kein Gesetz nach Berliner Art, mit einer Berliner Beweislastumkehr, mit einem Generalverdacht gegen unsere Polizistinnen und Polizisten geben.“
Berliner Gesetz kein Schreckgespenst
Das Berliner Gesetz, das Polizeigewerkschaft und der baden-württembergischen CDU als so abschreckendes Beispiel dient, hat sich nach einem Jahr allerdings keineswegs als dieses Schreckgespenst für Beamte erwiesen, als dass es die Konservativen gerne darstellen.
Gerade einmal 315 Beschwerden meldet die Leiterin der neu geschaffenen Landesombudsstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) in Berlin, Doris Liebscher, für die Millionenstadt, 111 davon wegen Rassismus. Da sei natürlich jede berechtigte Beschwerde eine zu viel, gibt der Sprecher der Berliner Polizei, Thilo Cablitz, zu. Die Zahlen zeigen aber, dass es keine Beschwerdeflut gebe.
Auch zu Klagen vor Gericht ist es bisher nicht gekommen, was nach so kurzer Zeit auch nicht unnormal sei, erklärt Doris Liebscher. Nach ihrer Erfahrung wollten Menschen, die sich von Behörden diskriminiert fühlen, aber auch nur in den seltensten Fällen einen Prozess, meist ginge es ihnen um eine Entschuldigung und Anerkennung des Unrechts. Polizeisprecher Cablitz kann die befürchtete Beweislastumkehr nicht erkennen. „Durch das Gesetz müssen wir unsere Maßnahmen besser erläutern, das ist gut.“
Mit Blick auf die Berliner Erfahrungen ist der grüne Koalitionspartner zuversichtlich, das Gesetz im laufenden Jahr mit der CDU zu verabschieden. Aus Sicht der Grünen setzt das geplante Antidiskriminierungsgesetz für Behörden um, was über das Allgemeine Gleichstellungsgesetz bereits seit 2006 für die private Wirtschaft gilt: dass Menschen nicht diskriminiert werden dürfen. Dieses Gesetz hat damals die CDU zusammen mit der SPD beschlossen.
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