Antidiskriminierungsbeauftragte geht: Unabhängige Stelle gefordert
Um Diskriminierung an Schulen effektiv zu bekämpfen fordern Organisationen unabhängige Beschwerdestelle mit echter Macht.
Nach dem angekündigten Abgang von Saraya Gomis, der Antidiskriminierungsbeauftragten der Bildungsverwaltung, fordern zahlreiche Organisationen die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle. Dass Gomis ihr Amt zum Jahresende niederlegen will, zeige, „wie schlecht es um die Antidiskriminierungspolitik der Bildungsverwaltung steht“, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung des Migrationsrats, die mehr als 20 in dem Bereich tätige Organisationen unterzeichnet haben – darunter der Türkische Bund Berlin-Brandenburg, die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland und der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde.
„Wir gehen davon aus, dass Gomis geht, weil sie nicht die Befugnisse bekommen hat, die sie braucht, um wirklich etwas zu verändern“, sagte Sanchita Basu vom mitunterzeichnenden Berliner Netzwerk gegen Diskriminierung in Schule und Kita (BeNeDiSK) der taz. Gomis selbst hat bislang keine Gründe für ihr Ausscheiden genannt.
Die Stelle der Antidiskriminierungsbeauftragten war im Sommer 2016 eingerichtet worden. Gomis berät Betroffene von Diskriminierung an Schulen, organisiert Fortbildungen für LehrerInnen, vermittelt Hilfe und Unterstützung durch externe Träger. „Sie war auch eine gute Ansprechpartnerin für uns“, lobt Basu.
Vergangenen Winter hatte Gomis erstmals Zahlen zu ihr bekannten Vorkommnissen veröffentlicht. Danach geht Diskriminierung an Schulen in den meisten Fällen von Lehrkörpern und anderen dort tätigen Erwachsenen aus, die wichtigste Diskriminierungskategorie ist Rassismus. Der taz sagte Gomis in einem Interview, die Schulen reagierten höchst unterschiedlich auf ihre Ansprache nach Vorfällen. „Es gibt Schulleitungen, die ablehnend reagieren.“
Keine Handhabe bei Verweigerungshaltung
In solchen Fällen, erklärte Basu, habe Gomis keinerlei Handhabe. „Aber die Antidiskriminierungsbeauftragte muss die Befugnis haben, SchulleiterInnen Maßnahmen vorzuschreiben. Die Schulen dürfen sich der Antidiskriminierungsarbeit nicht verweigern.“
Dies sei nach ihrer Erfahrung jedoch häufig der Fall – auch Basu kümmert sich im Zuge ihrer Arbeit beim Verein Reachout um Betroffene. „Viele SchulleiterInnen leugnen Probleme mit Diskriminierung. Sie sagen, dass könne nicht sein, schließlich seien sie als ‚Schule ohne Rassismus‘ ausgezeichnet oder als 'demokratiefördernde Schule.“ Oder es handele sich um einen Einzelfall. „Und wenn ein Lehrer der Täter sein soll, hören wir: ein Missverständnis.“
Sanchita Basu, Netzwerk gegen Diskriminierung in Schule und Kita
Die unabhängige Beschwerdestelle, wie sie Migrationsrat, der Landesbeirat für Integration/Partizipation und BeNeDiSK schon 2016 vorgeschlagen haben und nun erneut fordern, soll nach ihrer Vorstellung nicht von der Verwaltung, sondern vom Parlament eingesetzt werden. „Wie der Datenschutzbeauftragte soll diese Beschwerdestelle nur dem Parlament rechenschaftspflichtig sein und der Verwaltung verbindliche Vorschriften machen können“, fordert Basu. Der Fall Gomis habe wieder einmal gezeigt, dass Institutionen sich eben nicht selbst sanktionieren.
Der Sprecher der Bildungsverwaltung antwortete nicht auf die Frage der taz, was man zu der Kritik und der Forderung sage, sondern erklärte stattdessen: „Unsere Berliner Stelle für Anti-Diskriminierung hat deutschlandweit einen sehr guten Ruf und ist für viele Vorbild.“ Man hätte gerne weiter mit Gomis zusammen gearbeitet. Die Wertschätzung für ihre Arbeit zeige sich auch darin, das man die Stelle personell verstärken wolle.
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