Anti-Terrormaßnahmen des BKA: Wir müssen mit ihnen reden
Um eine Radikalisierung zu verhindern, brauche man Präventivmaßnahmen. Das ist der neue Kurs des Bundeskriminalamtes.
Betreut wird Mehmet, der in Wirklichkeit anders heißt, von den Sozialarbeitern des Violence Prevention Networks. Geschäftsführer Thomas Mücke hat Mehmets Geschichte am Donnerstag auf der Herbsttagung des BKA erzählt. Seine Botschaft: Wir können und müssen mit Radikalisierten, auch mit Syrien-Rückkehrer arbeiten.
Das sieht auch BKA-Präsident Holger Münch so. „Wir brauchen eine nationale Präventionsstrategie“, sagte Münch in Mainz. Aktuell stehe nach den Anschlägen in Paris die Gefahrenabwehr und die Strafverfolgung im Vordergrund. Langfristig aber komme Prävention und Deradikalisierungsarbeit eine Schlüsselrolle zu.
Schließlich weiß Münch auch, dass die Sicherheitsbehörden das Problem alleine nicht in den Griff kriegen werden: „Je größer das Personenpotential ist, umso schwieriger wird es für die Polizei, mögliche Täter im Blick zu halten und Straftaten zu verhindern.“ Schon bei den 420 Personen, die derzeit als sogenannte Gefährder eingestuft werden, müssten die Sicherheitsbehörden entscheiden, wen sie aktuell für am gefährlichsten halten.
„Es ist viel Zeit vertan worden“
Das BKA hatte deshalb Prävention zum zentralen Thema auf seiner diesjährigen Herbsttagung gemacht. Das wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. Nach 9/11 hielten die Sicherheitsbehörden noch wenig von Prävention.
Auch Wiebke Steffen vom Deutschen Präventionstag forderte auf der Tagung eine nationale Strategie. „Es ist viel Zeit vertan worden“, sagte sie. Zwar gebe es inzwischen zahlreiche Angebote, doch sei die „Professionalität der Akteure“ mitunter „gering“. Andere seien nicht ausreichend ausgestattet. Auch gebe es nur sehr wenig wissenschaftlich fundierte Kenntnisse zu den Fragen, wer und warum sich jemand radikalisiere.
Der Chef der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, wies auf die Bedeutung der politischen Bildung für die Prävention hin. Wenn jemand aber radikalisiert sei, „dann ist es für die politische Bildung zu spät. Uns geht es um die Befähigung zur eigenen Urteilsbildung“, so Krüger.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja