Anti-Terror-Kampf: Schäuble will Bin Laden töten

Im Kampf gegen den Terrorismus fordert Innenminister Schäuble härtere Gesetze. Gezielte Tötung solle erlaubt werden.

Ein Mann greift zu: Innenminister Wolfgang Schäuble Bild: dpa

Wolfgang Schäuble provoziert wieder. Im Stil des Überzeugungstäters, der als Einziger die Gefahr überblickt, fordert der Bundesinnenminister in einem großen Spiegel-Interview "Rechtsgrundlagen, die uns die nötigen Freiheiten im Kampf gegen den Terrorismus bieten". Die "klassischen Mittel der Polizei" genügen ihm nicht mehr. Meist in Frageform diskutiert er die Internierung von islamistischen "Gefährdern" und sogar die gezielte Tötung von Terroristen.

Solche Liquidierungen sollen wohl - zunächst - eher nicht in Deutschland stattfinden, sondern zum Beispiel in den Bergen Afghanistans oder Pakistans, wo sich Al-Qaida-Vormann Ussama Bin Laden vermutlich versteckt hält. Auch sollen deutsche Soldaten und Agenten noch nicht selbst die entscheidende Rakete feuern. Doch auch wenn Deutsche nur "beteiligt" sind, zum Beispiel bei der Informationsbeschaffung, hält Schäuble klare Rechtsgrundlagen für notwendig. Dafür würde er auch völkerrechtliche Tabus brechen.

Die meisten Vorschläge Schäubles zielen aber auf islamistische "Gefährder" in Deutschland ab. Wenn sie nicht abgeschoben werden können, würde Schäuble sie gerne internieren oder ihnen zumindest Handy und Internet verbieten. Ein Gefährder ist eine Person, die möglicherweise in der Zukunft Straftaten begehen wird; Schäuble spricht von "potenziellen Terroristen". Meist genügt der Kontakt zu bekannten Terroristen, Extremisten oder anderen Gefährdern, um ins Visier von Geheimdiensten und Polizei zu geraten. Nach Angaben des Spiegels hatte das Bundeskriminalamt im März 65 islamistische Gefährder in Deutschland im Blick.

Ein Gefährder kann ausgewiesen und abgeschoben werden, wenn die von ihm ausgehende Gefahr durch Tatsachen belegt werden kann, zum Beispiel weil er sich um Sprengstoff bemüht. Wenn die Abschiebung daran scheitert, dass in der Heimat Folter und Todesstrafe drohen, bleibt der Gefährder aber doch in Deutschland. Otto Schily hatte als SPD-Innenminister im Jahr 2004 bereits eine Sicherungshaft für solche Personen gefordert, war damit am Ende aber auch in seiner eigenen Partei nicht durchgedrungen.

Nun ist das Thema Sicherungshaft wieder da. Wobei aus dem eher wirr geführten Interview nicht recht hervorgeht, was Schäuble eigentlich will. Angedeutet werden drei Möglichkeiten, zum Beispiel eine Präventivhaft nach Schilys Vorbild. Schäuble erwähnt die Polizeigesetze der Länder, die einen präventiven "Unterbindungsgewahrsam" etwa für Hooligans schon heute zulassen. Der Gewahrsam ist aber auf wenige Tage um ein konkretes Ereignis herum beschränkt. Schäuble zweifelt, ob das genügt.

Radikaler wäre die zweite Idee des CDU-Innenministers: Man könnte die Gefährder als "Kombattanten", also als Kämpfer eines Krieges, einstufen. Dann könnten sie als Kriegsgefangenen in Lagern interniert werden - bis der Krieg vorbei ist. Das wäre eine mildere Form von Guantánamo, wo die Insassen ja nicht einmal den Status als Kriegsgefangene erhalten.

Als Drittes schlägt Schäuble eine strafrechtliche Lösung vor. Man könnte einen neuen Straftatbestand der "Verschwörung" einführen, "wie in Amerika". Damit wäre die Strafbarkeit noch weiter vorverlagert als bei der heute schon strafbaren "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung". Es genügen zwei (statt drei) Personen, die sich irgendwie zu einer Straftat verabreden. Dabei wäre keine dauerhafte Vereinigung nötig und auch keine Beschränkung auf schwere Straftaten.

Alle drei Vorschläge sind völlig unverhältnismäßig, teilweise unpraktikabel und haben politisch und verfassungsrechtlich keine Chance auf Verwirklichung. Schließlich geht es um Personen, die bisher noch nichts strafrechtlich Relevantes getan haben, bei denen es nur Anhaltspunkte für eine Gefährlichkeit gibt.

Dies weiß Schäuble wohl auch selbst, weshalb er für die nicht abschiebbaren Gefährder noch ein "Kommunikationsverbot im Internet oder mit dem Handy" ins Spiel bringt. Das wurde aber von dem so genannten Ausweisungsgipfel von Gerhard Schröder, Angela Merkel und Edmund Stoiber im Jahr 2004 bereits beschlossen und steht als Möglichkeit in Paragraf 54 a des Aufenthaltsgesetzes. Das hat Schäuble vor lauter Lust an der Provokation vielleicht übersehen.

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