Anti-Terror-Gesetze: Koalition einigt sich ein bisschen
Schwarz-Gelb verlängert mehrere Antiterrorgesetze um vier Jahre. Die Vorratsdatenspeicherung bleibt allerdings weiterhin ein Streitthema.
BERLIN taz | Die schwarz-gelbe Koalition gibt sich kompromissbereit. Nach langer Auseinandersetzung einigten sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auf die befristete Verlängerung mehrerer Sicherheitsgesetze. Zudem soll eine Regierungskommission die Gesetzgebung zur Terrorismusabwehr der vergangenen zehn Jahre überprüfen. Das erklärten die beiden Minister am Mittwoch in Berlin.
Doch bleiben Union und FDP uneins bei der wichtigen Frage, welche Telekommunikationsdaten wie lange gespeichert werden dürfen.
Große Änderungen der bisherigen Gesetzgebung bleiben aus. Die beiden Fachminister einigten sich im Kern darauf, die Gültigkeit der Ende 2011 auslaufenden Gesetze um weitere vier Jahre zu verlängern. Bei den Regelungen geht es vor allem um Auskunftsrechte der drei deutschen Nachrichtendienste. So sollen Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst (BND) und Militärischer Abschirmdienst (MAD) leichter Fluggastdaten einholen können. Statt Fluglinien einzeln zu fragen, ob ein Verdächtiger bei ihnen gebucht hat, können die Dienste auf das zentrale Buchungssystem Amadeus zugreifen.
Noch Ende Mai befand das Justizministerium in einer Stellungnahme, dies sei "nicht akzeptabel, da mit einer einzigen Abfrage umfängliche Bewegungsprofile des Betroffenen erstellt werden können".
Friedrich sieht von Verschärfung der Gesetze ab
Die FDP setzte die Einsetzung einer "unabhängigen Regierungskommission" durch. Justizministerin und Innenminister sollen darin gleichberechtigte Vorsitzende werden. Das Gremium soll die Gesetzgebung im Sicherheitsbereich seit den Anschlägen vom 11. September 2001 kritisch betrachten. Doch was genau die Kommission tun soll, blieb unklar. Leutheusser-Schnarrenberger erklärte lediglich, noch in dieser Legislaturperiode "Zwischenergebnisse" vorlegen zu wollen. Die Grünen kritisieren dies als "Umfall auf Raten" seitens der FDP.
Friedrich erklärte, er habe von ursprünglich vorgesehenen Gesetzesverschärfungen "abgesehen". So wird es keinen Anspruch auf Auskunft über Inhalte von Bankschließfächern geben.
Völlig offen ist nach wie vor die Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung. Die dafür zuständige Justizministerin hat zwar einen Gesetzentwurf vorgelegt. Diesen hält die Union aber für vollkommen unzureichend. Das Bundesverfassungsgericht hat die alte Regelung, nach der Telefon- und Internetverbindungsdaten zur Kriminalitätsbekämpfung sechs Monate lang gespeichert wurden, im März 2010 gekippt. Die Union argumentiert, ohne die Speicherung gebe es Lücken bei der Kriminalitätsbekämpfung. Zudem existiert eine EU-Richtlinie, die die Speicherung der Daten über mindestens sechs Monate vorsieht. Die FDP verweist aber darauf, auf EU-Ebene werde noch heftig über Änderungen dieser Richtlinie diskutiert.
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