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Anti-Nazi-Aktivistin„Ich kann's ja nicht lassen“

Die Berlinerin Irmela Mensah-Schramm hat in Bautzen Nazi-Parolen übersprüht – und erneut eine Anzeige wegen Sachbeschädigung kassiert.

Irmela Mensah-Schramm lässt sich das Sprayen gegen Rechts nicht verbieten Foto: dpa
Elisabeth Kimmerle
Interview von Elisabeth Kimmerle

taz: Frau Mensah-Schramm, Sie wurden erneut wegen Sachbeschädigung angezeigt. Was ist in Bautzen passiert?

Irmela Mensah-Schramm: Ich bin rückfällig geworden, ich kann's ja nicht lassen. Ich hatte schon lange vor, nach Bautzen zu fahren. Dort habe ich auch sofort einschlägige Sachen gefunden. „Demokratie = Volkstod“ zum Beispiel, da habe ich das zweite Wort mit einem großen Herz übersprüht. Außerdem stand da auch noch „Antifa verrecke“ und eine „88“. Dann habe ich auf einem Verteilerkasten die Worte „Nationaler Sozialismus“ entdeckt und dachte mir, das kann nicht wahr sein, jetzt reicht's. Ich habe das erste Wort übersprüht, „Sozialismus“ kann ja stehenbleiben. Dabei bin ich prompt erwischt worden von einem Bundespolizisten außer Dienst, der gleich seine diensthabenden Kollegen alarmiert hat. Die haben dann Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet.

Wie haben Sie darauf reagiert?

Ich habe ihnen direkt auf dem Display meine anderen Schandtaten gezeigt, damit sich das für die lohnt. Einer der Polizisten hat gesagt: „Wer so etwas macht, ist kriminell.“ Dann hat er mir die Farbdose abgenommen. Als ich ihm gesagt habe, man kann so eine „88“ nicht einfach stehenlassen, weil das ein strafbares Zeichen ist, meinte er doch tatsächlich, für ihn sei das nur eine Zahl. Daraufhin habe ich eine Dienstaufsichtsbeschwerde und Anzeige wegen Beleidigung gegen ihn erstattet.

Sie gehen seit 30 Jahren aktiv gegen rechte Schmierereien vor. Sind Sie Reaktionen wie in Bautzen gewöhnt?

Ich muss sagen, in den 30 Jahren bin ich noch nie so massiv von Bürgern angegangen worden wie am 3.11. in Bautzen. Da kamen alte Damen zu mir und haben mich gefragt, ob ich keine anderen Sorgen hätte. Das ist ja meine Sorge, dass die andere Sorgen haben.

Im Oktober haben Sie einen Strafbefehl erhalten: Falls Sie innerhalb eines Jahres wieder eine rechte Schmiererei übersprühen, müssen Sie bis zu 1800 Euro Geldbuße zahlen. Welche Folgen hat die erneute Anzeige nun für Sie?

Ich warte erst einmal ab, bis mir etwas zugeschickt wird. Darauf werde ich bündig antworten, dass die Schmierereien, die ich in Bautzen übersprüht habe, dort nicht erst seit gestern sind. Die dürfen von Rechts wegen dort aber nicht stehen bleiben, weil die Sprüche strafrechtlich relevant sind. Dann gibt es einen Strafbefehl, gegen den werde ich Widerspruch einlegen. Und dann kommt der Prozess. Das kenne ich ja schon. Meinetwegen sammle ich Strafanzeigen wie andere die Pfandflaschen.

Im Interview: Irmela Mensah-Schramm

Jahrgang 1945, Aktivistin für Menschenrechte, ehemalige Heilpädagogin an einer Berliner Schule für geistig Behinderte.

Haben Sie eine weitere Anzeige provoziert?

Nein. Das war keine Trotzreaktion, sondern ich mache einfach so weiter wie bisher. Man kann doch von mir nicht erwarten, dass ich an solchen Schmierereien vorbeigehe. Das wäre die größere Strafe für mich.

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5 Kommentare

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  • Es gab noch eine ähnliche aber etwas andere Situation.

     

    Doppelt bestraft: Jemand sprüht ein Hakenkreuz auf ihren Mercedes. Die Dame türkischer Herkunft fährt damit zur Polizei, um Anzeige zu erstatten. Auf der Wache sagt man ihr, dass sie damit eine Straftat beging.

    https://www.welt.de/vermischtes/article147791004/Opfer-von-Hakenkreuz-Geschmiere-droht-Anzeige.html

     

    Die Dame hat gar keine Straftat begangen, denn sie kannte das Gesetz erst gar nicht. Das kann jeder Anwalt bestätigen.

  • Eigentlich müssen solche verbotene Zeichen und Aufschriften, die den öffentlichen Frieden stören und zur Volksverhetzung führen umgehend entfernt oder anderweitig vernichtet werden. Zwar wäre die Frage der Zuständigkeit zu klären. Aber durch so genannte Sachbeschädigung wurde ein größerer Schaden für viele Menschen, die solche Aufschriften und Zeichen hätten lesen und sehen können, verhindert.

  • Ich dachte das Anbringen der Naziparolen und Merkel-muss-weg-Parolen wäre Sachbeschädigung.

  • Diesmal waren es ja tatsächlich Nazi-Parolen, die übersprüht wurden. Aber der Strafbefehl vom Oktober bezog sich NICHT auf das Übermalen einer Naziparole. Damals ging es um den Spruch "Merkel muß weg" - und daran ist nun wirklich nichts rechtsextremes oder volksverhetzendes oder sonstwie strafbares, sodaß an dem Strafbefehl vom Oktober nichts zu kritisieren ist.

  • bitte einmal bundesverdienstkreuz an diesen tollen menschen