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Anti-Chavist Leopoldo LópezVenezuelas neuer Oppositionsführer

Schon 2002 mobilisierte er für den Putsch gegen Chávez. Nun hat sich López an die Spitze der jüngsten Proteste gesetzt. Ihm droht die Festnahme.

BWL goes Straßenkampf: Leopoldo López. Bild: imago/Cityfiles

Schon einmal wurde ein Venezolaner durch einen Kurzauftritt weltberühmt. Als ein junger Offizier im Februar 1992 in einem gut 60-Sekunden-Statement vor laufender Kameras die Verantwortung für einen gescheiterten Putsch übernahm und danach ins Gefängnis ging, kannte die Welt Hugo Chávez.

Leopoldo López war damals 21 Jahre alt, und seit er letzten Mittwoch von der venezolanischen Justiz per Haftbefehl gesucht wird und – untergetaucht – per Videobotschaft zur Demonstration gegen die Regierung aufruft, sorgt auch er international für Schlagzeilen. Immerhin kündigte er an, am Dienstag trotz Haftbefehl auf die Straße gehen und – dann allein – der Regierung Forderungen übergeben zu wollen.

López studierte in den USA Wirtschaftswissenschaften, absolvierte danach ein Postgraduiertenstudium an der Harvard-Universität. Danach arbeitete er von 1996 bis 1999 als Wirtschaftsanalyst beim staatlichen venezolanischen Erdölkonzern PDVSA, bevor er ganz in die Politik wechselte. Zweimal wurde er zum Bürgermeister von Chacao gewählt, einem der Bezirke im Großraum von Caracas.

Politisch engagiert sich López gegen den Chavismus. Im Jahr 2000 war er Mitbegründer der liberalen Partei Primero Justicia. Im April 2002 mobilisierte er für den zunächst erfolgreichen Putsch gegen Chávez, als Bürgermeister war er an der Verhaftung des damaligen Innenministers beteiligt. Zwar wurde er wie viele Oppositionelle durch den wieder ins Amt eingesetzten Präsidenten begnadigt, jedoch hat die Justiz seither ein Auge auf ihn. Zweimal wurde ihm wegen angeblicher Vetternwirtschaft und der Veruntreuung öffentlicher Gelder das passive Wahlrecht entzogen. Bis 2014 durfte er für kein öffentliches Amt antreten. Das war einer der Gründe, weshalb López seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl zugunsten von Henrique Capriles zurückzog.

Zwar ähneln sich die beiden Oppositionsführer rein optisch ein wenig, politisch jedoch setzen sie auf unterschiedliche Strategien. Während Capriles die Chavisten an ihren eigenen Misserfolgen scheitern lassen will und über Wahlen deren Ablösung anstrebt, setzt López auf den Druck der Straße.

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10 Kommentare

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  • S
    shalom

    Komisch... der Mann hat einen Putsch mitorganisiert. Hat dabei den amtierendem MInister einer gewählten Regierung abgeführt während seine umstehenden Gefolgsleute den Minister geschlagen und bespuckt haben... Lopez kommt aus der rechtsradikalen katholischen Organisation Tradition, Familie und Eigentum (Tradición, Familia y Propiedad), die den Opus Dei zu liberal findet... die Veruntreung der Gelder war nicht "angeblich", sondern wurde nachgewiesen... es gibt zahlreiche Fotos wie López in der Vergangenheit an Ausschreitungen teilnimmt... vor der Wahl von Maduro zum Präsidenten, der einer sephardischen (jüdischen) Familie entstammt, versuchte Lopez mit anderen Oppositionellen die Kandidatur zu vereiteln weil Maduro angeblich nicht in Venezuela geboren sei und ein "Heimatloser" (ja, das älteste antisemitische Vorurteil) aber hier ist er plötzlich ein Sozialdemokrat.... vielleicht sollten dann auf Anraten von Herrn Vogt die Geschichtsbücher neu geschrieben werden, denn es gab mehr Sozialdemokraten als wir es vermuten...

    • E
      Egalite
      @shalom:

      haben sie irgendwelche beweise die die Mitgliedschaft Lopez in dieser Organistion bestätigen? es scheint sie anscheinend nicht weiter zu stören das auch die Chavisten als Putschisten angefangen haben? Seien sie einmal realistisch und verabschieden sich von ihrer pseudosozialistischen Heile-Welt-Romanitik. Sozialismus schön und gut. Korupptes, totalitäres System mit Hang zur Heldenverehrung und dem Militarismus nein Danke. Vielleicht sollte Maduro einfach einen antifaschistisch Schutzwall um Venezuela ziehen, dann aber bitte auch kein Öl mehr an die Imperialisten in den USA verkaufen.

  • Jetzt reicht es also schon, für den "Druck der Straße" (wie in Kiew?) zu mobilisieren, um zum "Oppositionsführer" stilisiert zu werden. Dass die Rechte alles daran setzt, sozialistische Regierungen zu beseitigen, ist das eine, das liegt in ihrem Interesse. Dass aber das linksbürgerliche Spektrum ihnen dabei auch noch wohlwollend zusieht, das überrascht mich dann doch, wenngleich eigentlich nur ein bisschen ...

  • A
    Antifaschist

    Sehr erschreckend finde ich die inflationäre Verwendung des Begriffs Faschismus im Zusammenhang mit venezonanischen Oppositionellen.

    Der Vergleich mit demonstrierenden unzufriedenen Menschen ist eine wiederliche Verharmlosung der grausamen Verbrechen des Faschismus und eine ekelhafte Verhöhnung von Millionen getöteter Juden und aller anderen Opfer des Faschismus.

    Da dies nicht nur aus dem Munde der venezolanischen Regierung sondern auch in einschlägigen deutschen linksextremen Medien und sogar in Leserkommentaren bei der TAZ zu leseen ist, fände ich es wünschenswert, wenn die deutsche Justiz prüft, ob mit dieser Verharmlosung und Verhöhnung nicht der Tatbestand der Volksverhetzung gegeben ist.

  • L
    @Latino

    Ich erkenne da leichte Wahrnehmungsstörungen. Die Zehntausenden weiß gekleideten Demonstranten, die ich gestern sah, sind Putschisten? Schau dir mal Bilder von 73 (Pinochet) oder 94 (Chavez) an um zu sehen, wie ein echter Putsch/-versuch aussieht.

    Rassisten sind es? Ich weiß ja nicht, was du gesehen hast. Ich jedenfalls habe Hand in Hand Menschen verschiedener Hautfarben demonstrieren sehen.

    Vor kurzem waren Wahlen? Ich erinnere mich. Die Videoaufnahmen von Ofiziellen mit roten Hemden, die ältere Wähler in die Kabine begleitet haben, habe ich noch im Kopf. Übrigens gilt Artikel 68 der Verfassung in Venezuela auch kurz nach einer Wahl.

  • B
    Bruno

    Sie haben vergessen zu erwähnen dass er 2008 von Transparency International als einer der drei besten Bürgermeister der Welt ausgezeichnet wurde und von seiner politischen Ausrichtung ein Sozialdemakrat ist

  • L
    Latino

    Heute heisst Putsch nicht mehr Putsch, sondern "für einen Putsch mobilisieren", so als würde man für eine friedliche Demonstration mobilisieren oder etwas gegen das ISG-Syndrom unternehmen.

    Leopolodo López ist notorischer Rechtsextremer und in Lateinamerika für seine Gewalttätigkeit und -Affinität bekannt. Seine Rolle im 2002-Putsch ist dokumentiert, seine Gewaltausbrüche bei Demonstrationen, gegen die Mitglieder der kubanischen Botschaft in Caracas oder sein Verhalten bei der "Festnahme" des damaligen Innenministers Rodriguez Chacin haben ihn berüchtigt gemacht.

    Auch ist Primero Justicia mitnichten "liberal", dieses Etikett weckt falsche Assoziationen. PJ ist, an den Interessen der USA orientiert, marktradikal, und für ihre Aussenwirkung bedient sie sich gerne rassistischer, sexistischer und homophober Leitmotive.

     

    Von wann ist das Schwiegersöhnchen-Foto von Lopez? Bitte benutzt doch ein Aktuelles; oder soll das hier eine Timoschenko-Nummer werden?

     

    Es ist immer dasselbe: Wenn in Venezuela, Ecuador, Bolivien oder in den anderen Ländern LAs mit linksgerichteter Regierung etwas passiert, ist Jürgen Vogt zur Stelle und macht aus rechten Neoliberalen Krawallos un Rassisten (siehe die "Affen"-Kampagne gegen Chavez, auch an der war Lopez beteiligt) "Oppositionelle", die gegen ein "Regime" kämpfen.

    Hat Venezuela nicht vor Kurzem erst gewählt?

  • A
    AusCaracas

    Im Zusammenhang mit dem Haftbefehl von Leopoldo Lopez (der für den Tod dreier Menschen bei der Demonstration am 12. Februar verantwortlich gemacht wird) ist das Video, das die venezolanische Zeitung Ultimas Noticias erstellt hat interessant. Die Journalisten haben versucht, den Tathergang anhand von Videomaterial zu rekonstruieren. Und irgendwie sehen die Männer mit Pistolen professionell ausgebildet aus...

    http://www.ultimasnoticias.com.ve/noticias/actualidad/investigacion/exclusiva---a-tiro-limpio-repelieron-manifestacion.aspx

  • DC
    Diana C. T.

    Um die echte Beweggründe seines Wandels zum verbissenen Oppositionspolitiker zu verstehen, musste man wissen:

    ab 1994 waren die Konzessionen der Ölfirmen Venezuelas und der PDVSA durch Verträge -die des Unsittlichen nahe waren- an europäische und US-amerikanische Ölkonzerne geraten, durch die "Apertura petrolera".

    Diese Verträge sicherten den "Größen" 77% bis 88% der Einnahmen als reines Gewinn. Aus den restlichen 12-23% musste PDVSA auch noch die "Honorare" des "Führungskader", dem auch Venezolanern angehörten, um den "nationalen" Status unseres Öls zu betonen.

    Unter diesen besonderen Venezolanern waren die Mitglieder der seit jeher feudalen Familien Mendoza und Zuloaga (Maria Corina Machado). Auch die Mutter von Leopoldito, die ihm bei PDVSA anstellte.

    Das besagte Honorar betrug für die sogennante "technische Assistenz" 150.000 US$ im Jahr für jedes Mitglied dieses Kaders.

    Also für die Familie López-Mendoza mindestens 300.000 US$ für ein jedes Jahr.

    Hugo Chavez hat im Jahre 2000 mit außerordentlichen Befugnisse diese Verträge verworfen und neue Gesetze verabschiedet, die der PDVSA seit 2002 fast 70% der erzielten Einnahmen sichern. Die löhne der Ölarbeiter wurden auf venezolanischen Niveau gestellt, so daß López etwa 30-40.000 US$ im Jahr verdient hätte.

    Die venezolanische Öl-Lobby tratt seitdem in die Opposition und versucht immer wieder mit großzügigen "internationalen" Beihilfen an die Macht zu gelangen, auf legaler aber auch auf gewaltätiger Weise.

     

    Zu den Ölkonzessionen und -Verträgen Siehe: (Spanisch) http://petroleovenezolano.blogspot.de/2009/12/de-las-concesiones-los-contratos-vision.html

  • A
    AusCaracas

    Herr Maduro hat gerade auf einer PDVSA-Kundgebung, die live im Fernsehen übertragen wurde, gesagt, dass Leopoldo Lopez in Schutzhaft sei weil ihn die Extreme Rechte umbringen wolle. Aus Sorge um sein Wohlergehen führe Diosdado Cabello, seinerseits Parlamentspräsident und zweitmächtigster Mann im Land, höchstpersönlich den Geländewagen mit dem er gerade transportiert würde. Excuse me? Noch in der Nacht zum 12. hiess es Mord und jetzt ist es Schutzhaft? Ich bin allerdings sicher, dass es auch hierfür wieder warme Worte aus den Reihen verbohrter Linker geben wird. Ich hab die Kommentare zu dem anderen ausgezeichneten Artikel von Jürgen Vogt gelesen und dort stand doch allen Ernstes, dass Herr Capriles einer faschistischen Organisation angehört. Der Schreiber dieses Kommentares sollte sich zutiefst schämen. Die Familie der Mutter von Herrn Capriles ist vor dem Holocaust nach Venezuela geflohen. Die Grosseltern sind polnische Juden, deswegen auch Henrique Capriles RADONSKI.

    Hier sind Fotos von der Demo heute: http://runrun.es/impacto/103308/impresionante-asi-se-lleno-chacaito-la-espera-de-leopoldo-lopez.html