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Anti-Atom-Aktivist Ehmke über Gorleben„Der Widerstand ist hellwach“

Wolfgang Ehmke ist Mitgründer und Sprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Noch glaubt er nicht an das Aus für Gorleben.

Wolfgang Ehmke bei einer Protest-Aktion in Hannover 2014 Foto: dpa
Reimar Paul
Interview von Reimar Paul

taz: Wie haben Sie damals von Gorleben als Atommüllstandort erfahren?

Wolfgang Ehmke: Meine Mutter hatte es im Radio gehört und rief sofort an: Jetzt kannst du mal zu Hause demonstrieren kommen! Ich war gerade fertig mit der Lehrerausbildung in Hamburg und hatte schon in Brokdorf demonstriert.

Wie haben die Umweltschützer aus der Region reagiert?

Am Tag der Standortbenennung hatte die PWK, die Projektgesellschaft Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen, das Landvolk in Lüchow zu einer Infoveranstaltung eingeladen. Da schlug die Nachricht, dass Ministerpräsident Albrecht Gorleben als Standort für ein nukleares Entsorgungszentrum erkoren hatte, ein wie eine Bombe. Zwei Tage später organisierte die Bürgerinitiative (BI) eine Sternfahrt nach Gorleben, die Bauern setzten sich bereits Anfang März auf die Trecker und demonstrierten. Die BI um Marianne Fritzen gab es bereits, denn es gab ja schon den Plan, in Langendorf in der Nähe von Dannenberg ein Atomkraftwerk zu bauen. Kurze Zeit später demonstrierten bereits Tausende in Gorleben.

Wie konnte Gorleben zum Kristallisationspunkt der Anti-AKW-Bewegung werden?

Da kamen einige Faktoren zusammen: die Verwurzelung des Protests im agrarisch geprägten Wendland, der Widerstand war und ist sehr authentisch. Außerdem: Das Fantasievolle, etwa der Treck nach Hannover, die Platzbesetzung mit dem Hüttendorf 1980, die große Empörung über die Polizeieinsätze schon beim ersten Atommülltransport 1984. Mit dem Beginn der Castortransporte wurde Gorleben jahrzehntelang der Ort, wo die Zukunft der Atomkraft auf Straße und Schiene ausgehandelt wurde.

Warum bezeichnen die AKW-GegnerInnen Gorleben als Schwarzbau?

Weil es nicht einmal ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren gab. Da wurde einfach unter dem Deckmantel der Erkundung ein Bergwerk gebaut, gleich in der richtigen Größe für ein Atommüllendlager.

Im Interview: Wolfgang Ehmke

engagiert sich seit 1977 gegen Atommüll in Gorleben.

Und dann?

Am Anfang hieß es, ein Endlager müsse garantieren, dass keine Radioaktivität an die Biosphäre gelangt. Als dann der Wasserkontakt bekannt wurde, immerhin gibt es auf rund 7,5 Quadratkilometern keine Tonschicht über dem Salzgestein, wurden Wissenschaftler wie Klaus Duphorn, die vor Gorleben warnten, diskreditiert. Der Hammer war die Salzstudie der Bundesanstalt für Geowissenlosigkeit und Rohstoffe, wie wir sagen. Gorleben wäre dabei rausgefallen, aber die damalige Umweltministerin Angela Merkel sagte, die Studie beweise, dass Gorleben bestens geeignet sei.

Das Bergwerk geht nun in den Offenhaltungsbetrieb, wird also quasi schlafen gelegt. Warum reicht Ihnen das nicht?

Weil jederzeit in Gorleben weitergemacht werden kann, wenn unter Tage die Kerninfrastruktur erhalten bleibt. Eigentlich soll ja auch der Widerstand schlafen gelegt werden. Das gelingt nicht, wir sind hellwach.

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3 Kommentare

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  • Solange sich der Atommüll – selbst im digitalen Zeitalter – nicht per Druck auf die „Entf“-Taste ins Nirwana befördern lässt, muss er irgendwo gelagert werden. Von allen diskutierten Orten kam bisher unverzüglich ein einhelliges „Aber nicht bei uns“ von der ortsansässigen Bevölkerung, stets kräftig unterstützt z. B. von den Grünen.

     

    Und so feiert das St. Florians-Prinzip fröhliche (?) Urständ‘: „Heiliger Sankt Florian, verschon‘ UNSER Haus, zünd‘ ANDERE an!

    Wer hat denn endlich mal die göttliche Eingebung, wo der Atommüll abzuladen ist, ohne dass die dort Ortsansässigen sofort protestieren?

  • 9G
    97796 (Profil gelöscht)

    Hmm, irgendwie vermisse ich die Alternativideen dieser alten weißen Männer und Frauen, die die Frechheit besitzen, sich "Widerstand" zu nennen.

    • @97796 (Profil gelöscht):

      Liebe Grüße an Udo Hergenröder, denf ast ersten des Widerstandes.Er lebt jetzt in einem Palast (durch Schwarzarbeit renoviert) dort in der Ecke.