Anschluss an den Brenner-Basistunnel: Not in my Inntal

Andreas Scheuer ist genervt: Mit dem neuen Brenner-Tunnel soll ab 2028 mehr Verkehr auf die Schiene. Anwohner wehren sich gegen die Pläne.

Verkehrsminister Scheuer läuft mit ausgebreiteten Armen vor demonstrierenden Menschen davon

CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer versteht die Bayern nicht: Was haben sie gegen die Pläne? Foto: dpa

MÜNCHEN taz | Wenn Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nach Rosenheim kommt, dann wird demonstriert. Im Januar bereiteten ihm 3.000 Bürger einen wenig freundlichen Empfang. Am Montag waren es immerhin 50 bei einer Mahnwache vor dem Ballhaus. Ihr Motto lautet etwas sperrig: „Bestand modernisieren statt Heimat zerstören.“ Sie wenden sich gegen den geplanten Bau einer neuen vierspurigen Eisenbahntrasse vom österreichischen Grenzort Kufstein bis ins bayerische Rosenheim. Ein weiterer Slogan in Anspielung auf das Projekt Stuttgart 21: „Kein Inntal 21!“

In Begleitung Scheuers legte die Deutsche Bahn AG fünf Vorschläge für mögliche Verläufe der Trasse vor. Schon seit vier Jahren, so sagt der DB-Projektleiter Thomas Gruber, gebe es dazu einen Dialog mit der Bevölkerung. „Mehr Bürgerbeteiligung kann ich mir nicht vorstellen“, meint Scheuer.

Ebenfalls nicht vorstellen kann sich Schauer, den Neubau abzublasen. Laut einer Studie des Verkehrsministeriums steigt der Schienenverkehr stark an. Das sehen viele Gegner anders, die glauben, eine Ertüchtigung der alten Trasse reiche aus.

Das Umfeld ist komplex: Ganz nach Plan wird am Brenner-Basistunnel gebaut, der Italien und Österreich verbinden und möglichst viel Personen- und Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagern soll. 2028 wird der Tunnel nach jetzigem Stand eröffnet.

Jede Menge Ärger für Scheuer

Damit es hinter Österreich auf bayerischer Seite zügig bis nach München weitergeht, bedarf es, so die Befürworter, einer modernen schnellen Zugstrecke, also des vierspurigen „Nordzulaufs“. Und dieser müsste durch das enge Inntal führen, wo sowieso schon die Autobahn und die jetzige Strecke verläuft. Geht alles glatt, dann wäre der Nordzulauf im Jahr 2038 fertig, zehn Jahre nach Tunnel-Eröffnung.

Scheuer ist bei der Vorstellung der Pläne gereizt. Tausende Gegner engagieren sich in 17 Bürgerinitiativen im Landkreis Rosenheim; gleichzeitig wird der Minister von Italien und Österreich, aber auch von den bayerischen Landtags-Grünen dafür kritisiert, dass die Bahn und damit Deutschland bei den Planungen hinterherhinke. Dazu kommt der Verkehrsstreit mit Österreich, das sich derzeit mit Blockabfertigungen von Lkw an der Grenze gegen Dauerstau und Umweltverschmutzung wehrt. Dabei wird pro Stunde nur eine bestimmte Menge LKW über die Grenze gelassen.

Verkehr nervt Anwohner jetzt schon

Als auf der Veranstaltung mit Scheuer eine Tiroler Zeitung zu einer Frage ansetzt, meint Scheuer: „Oh je.“ Der Minister erwägt eine Klage gegen die Blockabfertigungen, die auf deutscher Seite zu langen Staus führen – kürzlich hat er erst im Streit um die Pkw-Maut gegen Österreichs vor dem Europäischen Gerichtshof verloren.

Für die Trassenkritiker sagt Peter Kasperczyk vom Bund für Naturschutz (BN) Rosenheim: „Wir sind gegen extreme Eingriffe in den Natur- und Landschaftsschutz.“ Der BN und andere bezweifeln, dass das Verkehrsaufkommen per Bahn im prognostizierten Bereich steigt. Derzeit fahren 180 Züge am Tag auf der alten, zweigleisigen Strecke, Prognosen kommen auf bis zu 400. Erweist sich das als falsch, würde eine Modernisierung der alten Strecke ausreichen.

Kasperczyk beschreibt das Dilemma der Gegner so: „Wir haben auch Mitglieder, die an der jetzigen Bahnstrecke wohnen und nicht noch mehr Verkehr wollen.“ Gibt es mehr Verkehr, gibt es eben auch mehr Betroffene. Deshalb sagt der BN-Mann: „Wir müssen runter von den Verkehrszuwächsen.“ Und das Inntal sei ungeeignet, „um den europäischen Kontinentalverkehr abzuwickeln“.

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