Anschlagserie in Sri Lanka: Eine offene Kirche für alle

In Sri Lanka herrschte lange ein konfliktfreies Miteinander. Der Anschlag auf die St. Anthony’s Church zielte auch auf religiöse Toleranz.

Buddhistische Mönche vor der St. Anthony's Church in Colombo

Buddhistische Mönche vor der St. Anthony's Church in Colombo Foto: reuters

WIEN taz | Wer St. Anthony’s Church betrat, dem fielen die Blumengirlanden auf, wie sie von Gläubigen auf buddhistischen und hinduistischen Heiligtümern hinterlassen werden. Kein Zufall, waren doch auch Angehörige der sri-lankischen Mehrheitsreli­gio­nen gern gesehene und häufige Besucher dieses Gotteshauses. Im Angesicht der katholischen Heiligen murmelten sie Gebete oder versanken in stiller Andacht. Wie kein anderes Gotteshaus wurde die Kirche im Norden der Hauptstadt Colombo dadurch zum Symbol für das friedliche Miteinander verschiedener Bekenntnisse.

Das mag mit der widerständigen Vergangenheit der 1834 eingeweihten Kirche zu tun haben. Die niederländischen Kolonialherren hatten den katholischen Glauben ihrer portugiesischen Vorgänger jahrzehntelang unterdrückt. Die Legende berichtet von einem Bruder Antonio, der sich in dem Fischerdorf Mutwal als Händler tarnte, um predigen zu können. Er soll ein Kreuz am Strand errichtet haben, weil die Bevölkerung seine Hilfe gegen das Meer suchte, das immer größere Teile der Ortschaft wegschwemmte. Als der Ozean sich zurückzog, ließen sich die meisten Ortsbewohner katholisch taufen.

Schließlich gaben die Niederländer ihre Erlaubnis zu einem Kirchenbau, den der portugiesische Ordensbruder dem heiligen Antonius von Padua widmete. Aus dem Ziegelbau wurde später die Pfarrkirche, die sich rühmt, ein Stück der Zunge des Heiligen als Reliquie zu bewahren. Eine Antoniusstatue wurde Anfang des 19. Jahrhunderts aus der portugiesischen Kolonie Goa in Indien importiert.

Offenbar verstanden es Bruder Antonio und seine Nachfolger, diese Kirche nicht als Fremdkörper in einer buddhistisch-hinduistischen Gesellschaft zu etablieren, sondern sie für alle zu öffnen. Der heilige Antonius erscheint auch Nichtchristen verehrungswürdig. So konnte man etwa die für den Buddhismus typischen weißen Bänder an Heiligenstatuen oder Gemälden sehen, die jemand anlässlich eines Gelübdes oder zum Dank für eine Wunscherfüllung hinterlassen hatte.

Attentat gegen religiöse Toleranz

Der Anschlag vom Ostersonntag sollte nicht nur als Attentat gegen Christen verstanden werden, sondern als Attentat gegen religiöse Toleranz und Verständigung über Grenzen des Glaubens hinweg. In Sri Lanka herrschte lange ein konfliktfreies Miteinander. Ehen zwischen Christen, Buddhisten und Hindus waren verbreitet, sind jetzt aber seltener.

Nicht nur die Minderheit der Burghers, Nachfahren portugiesischer, niederländischer und britischer Siedler, bekennt sich großenteils zum Christentum, darunter zu vielen protestantischen Richtungen. Auch in der tamilischen Minderheit gibt es viele, deren Eltern oder Großeltern in katholischen Privatschulen erzogen wurden. Bei der Mehrheitsethnie der Singhalesen ist der katholische Glaube kaum verbreitet.

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