Anschläge in Tunesien: Bedroht im Touristenort
In Sousse sprengt sich ein Mann in die Luft, die Polizei verhindert weitere Anschläge. In der Tourismusbranche macht sich Panik breit.
MADRID taz | Am Mittwochmorgen ist eingetreten, was so mancher in Tunesien schon länger befürchtet hatte. Ein Selbstmordattentäter sprengte sich im Badeort Sousse am Strand des zentral gelegenen Hotels Riadh Palms in die Luft. Sousse ist eines der beliebtesten Urlaubsziele europäischer Touristen in Tunesien. Die Stadt liegt 140 Kilometer südlich der Hauptstadt Tunis.
Außer dem Attentäter wurde niemand getötet oder verletzt. Der Mann mit Sprenggürtel habe versucht ins Hotel zu gelangen, teilte das Innenministerium mit. Das Wachpersonal habe dies verhindert und ihn verfolgt. Der Verdächtige habe daraufhin seine Bombe unten am Strand gezündet. Ein mutmaßlicher Komplize sei auf der Flucht. Unter den Hotelgästen kam es zu einer Panik.
Gleichzeitig nahm die Polizei im 24 Kilometer von Sousse entfernten Monastir einen weiteren mutmaßlichen Terroristen fest. Der junge Mann, der laut Innenministerium wie der Attentäter von Sousse zu einer radikalen salafistischen Gruppe gehört, habe versucht, einen Sprengsatz, den er im Rucksack mit sich trug, im Mausoleum des ersten Präsidenten des unabhängigen Tunesien, Habib Bourguiba, anzubringen.
Mehrere tunesische Nachrichtenseiten berichteten von weiteren gescheiterten Anschlägen sowohl in Sousse als auch in Monastir. Das Innenministerium veröffentlichte auf Facebook ein Kommuniqué in dem die Medien aufgefordert wurden, nur offiziell bestätigte Nachrichten zu verbreiten.
Der Anschlag in Sousse trifft Tunesiens Tourismusindustrie schwer. Die Branche ist gerade dabei, sich wieder zu erholen. 2011, dem Jahr des Sturzes des Diktators Zine el-Abidine Ben Ali, ging die Besucherzahl von 6,7 Millionen 2010 auf 4,6 Millionen zurück. 2012 kamen wieder 5,9 Millionen Besucher. Für dieses Jahr zeichnete sich ab, wieder den Stand von 2010 zu erreichen. Attentate können der Tourismusindustrie einen Strich durch die Rechnung machen.
Die meisten europäischen Länder sprechen bereits jetzt Reisewarnungen für die großen Städte des Landes aus, wo es immer wieder zu Demonstrationen kommt. Sollte diese Warnung jetzt auf die Küstenorte ausgeweitet werden, dürfte der Besucherstrom einmal mehr zum erliegen kommen.
Sieben Prozent des tunesischen BIP und rund ein Fünftel der Deviseneinnahmen stammen aus dem Tourismus. 400.000 Menschen arbeiten im Geschäft mit Strand und Sonne. Tunesiens Hotelgewerbe bietet den Besuchern über 240.000 Betten. Die Regierung plant gar, die Branche noch auszubauen. Sie will künftig auch das Landesinnere bei Kulturreisenden und bei Luxusurlaubern etablieren.
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