piwik no script img

„Anonymous“ leakt DatenPlump und unter Niveau

Unbekannte haben private Daten der Unterzeichner von der „Wir sind Urheber“-Erklärung veröffentlicht. Die halten die Aktion für einen „Selbstwiderspruch“.

Bleiben lieber anonym während sie andere outen: Anonymous-Aktivisten. Bild: reuters

BERLIN taz | „If you don’t stop this shit, we will dox …“, wurde am Montag im Netz gedroht. Dox bedeutet persönlich identifizierbare Informationen. „Anonymous“-Aktivisten hatten Geburtstage, Telefonnummern und Adressen von Unterzeichnern des Manifests „Wir sind die Urheber“ veröffentlicht. Darunter solche der TV-Journalistin Charlotte Roche und der Schriftstellerin Felicitas Hoppe.

„Es gilt, den Schutz des Urheberrechts zu stärken und den heutigen Bedingungen des massenhaften Zugangs zu den Produkten geistiger Arbeit anzupassen“, hieß es von der Initiative, die am Donnerstag in der Zeit veröffentlicht wurde. Zu den inzwischen 6.000 Unterzeichnern gehört auch der Hamburger Musiker, Theatermacher und Clubbetreiber Schorsch Kamerun. „Es geht nicht darum, im Internet Sicherheitszäune höher zu bauen“, erklärte er der taz. „Künstlerisch Werktätige brauchten allerdings einen Gegenwert für ihr Schaffen. Würde das Urheberrecht wegfallen, hätten viele ein ernsthaftes Überlebensproblem.“

Kamerun sagte, er habe manches an machtvollen Interessenvertretern wie der Gema auszusetzen. Die Aktion von Anonymous sei in diesem Fall aber ein „deutlicher Selbstwiderspruch“. Für die eigene Meinung einzustehen sei ein zutiefst schützenswerter Vorgang, darauf mit einer plumpen Verletzung der Privatsphäre zu antworten, findet Kamerun denunziatorisch.

Bestürzt auf die Vorgänge reagierte auch Helge Malchow, der Verleger des Kölner Verlags Kiepenheuer & Witsch und Manifestunterzeichner. Es wäre dringend geboten, die Debatte über Urheberrechte voranzubringen, sagte Malchow der taz. Kritik an Urheberrechten würde aber nicht konstruktiv geäußert, sie finde als „absurder Klassenkampf“ statt.

„Kulturfeindliche Aktion“

Ihn beunruhige die Kunst- und Kulturfeindlichkeit, die aus dem Veröffentlichung spricht. Besonders störe ihn das Argument, wer für Urheberrechte eintritt, beschneide die Freiheit im Internet. Das sei so, als würde behauptet, wer sich Fahrscheine für die Straßenbahn kauft, behindere den freien Verkehr.

Die Veröffentlichung der Privatdaten spiele letztendlich dem Geschäftsgebaren der Internetgiganten in die Hände. Deren latente Ignoranz gegenüber Inhalten erklärt sich daraus, dass sie sich durch Werbung finanzierten. Malchow sieht Reformbedarf bei den Urheberrechten. Es müsse auch im Internet der Wert künstlerischer Arbeit honoriert werden, um das zivilisatorisch hohe Niveau, auf dem sie geleistet wird, zu erhalten. Ein Niveau, das Anonymous deutlich verfehlt haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • KR
    Karl Ranseier

    Zitat

    „Kulturfeindliche Aktion“

     

    Ihn beunruhige die Kunst- und Kulturfeindlichkeit, die aus dem Veröffentlichung spricht. Besonders störe ihn das Argument, wer für Urheberrechte eintritt, beschneide die Freiheit im Internet. Das sei so, als würde behauptet, wer sich Fahrscheine für die Straßenbahn kauft, behindere den freien Verkehr.

    Zitat Ende

     

    Fahrscheine behindern der freien Verkehr!

     

    Das heutige Urheberrecht behindert die Freiheit im Internet!

     

    Freiheit geht immer so weit, wie sie die Freiheit der anderen nicht einschränkt. In dem Moment der Kollision der verschiedenen Freiheiten (oder bei einer Grenzverschiebung) muss ein vernüftiger, sachlicher Ausgleich der Interessen stattfinden. Bloßes Beharren auf Standpunkten, wie von den Urhebern des Manifestes, bringt da niemanden weiter. Und niemand möchte das Urheberrecht abschaffen. Es geht um sinnvolle und notwendige Veränderungen.

     

    Insofern, nicht destruktiv polemisieren, sondern konstruktiv gesellschaftlich diskutieren.

  • S
    susa

    Auch wenn die "Anonymous"-Aktion zu 100% dämlich und kontraproduktiv war: Es handelt sich weder um ein "Leak" (der Begriff steht für das öffentlich machen von bis dahin nicht öffentlich zugänglichen Daten) noch handelt es sich, wie im Artikel behauptet, um "private Daten". Und schon gar nicht um einen "Hack", also um das verdeckte Eindringen in ein geschütztes Computersystem. Tatsächlich hat "Anonymous" nur Daten, die an verschiedenen Stellen längst öffentlich zugänglich waren (vor allem Webseiten der Urheber und deren Verlage, Wikipedia-Einträge sowie Denic-Registrierungsdaten), in einem Dokument zusammengetragen. Es wäre schön, wenn dies nicht nur bei der Zeit und SZ, sondern auch bei der taz korrekt dargestellt würde. Denn jegliches FUD-Geraune trägt nur zur unsachlichen Eskalation der Debatte um eine notwendige zeitgemässe Anpassung der Urheberrechts-Gesetzgebung bei.

  • M
    M.Baum

    welches "geistige Niveau" erwarten Sie von Menschen die gegen den Schutz geistigen Eigentums sind.

  • R
    Ramses

    Wenn man sich anschaut, was im Moment alles für Systeme im Internet entstehen um Kreativ-Schaffenden Menschen eine Überlebensgrundlage zu schaffen, kann man sich ernsthaft fragen warum man ein so zugeschnürtes Urheberrecht braucht.

    Das jetzt die Leute, die öffentlich dafür eintreten die künstlerische Freiheit verkaufen zu wollen, herummosern dass ihre Daten veröffentlicht werden, nachdem sie ein öffentliches Manifest unterschrieben haben, kann ich beim besten willen nicht verstehen.

     

    Ich bin der festen Überzeugung, wenn jedem die Chance gegeben wird einen sebst gewählten Betrag zu spenden für alle Inhalte die aus dem Internet bezogen wurde, dann wird kein Künstler verhungern.

     

    Die erbärmlich Reichen müssen dann wohl etwas zurückstecken, dafür wird dann die Künstlerlandschaft einfach etwas weiter.

    In der Meienlandschaft ist das ja schon passiert, denn wer möchte für Dudelfunk bezahlen wenn nur ein paar Klicks entfernt ernsthaft produzierte Mitschnitte zur Verfügung stehen? Viele Podcasts haben in der Live-Version schon die 500 Hörer-Grenze zum Rundfunk geknackt, ganz zu schweige von vielen Tausend Downloads pro Folge....

     

    Die Welt ändert sich und jetzt hört auf zu jammern - es verhungert niemand der sich nicht auf seinen Lorbeeren versucht auszuruhen.

  • Z
    Zuechter

    Die Frage ist halt, hat Kultur einen Wert, hat geistiges Arbeiten einen Wert oder ist das alles wertlos? Nur weil jeder Pups im Internet seine Meinung verbreiten kann ohne Geld dafür zu verlangen dass es ein anderer liest, ist kein Grund Menschen, die von ihrer geistigen Arbeit leben müssen, sozusagen für Null Euro pro Stunde arbeiten zu lassen. Das ist Ausbeutung!

    LGZuechter

  • W
    WertloseMeinung

    Sehr bedenklich wie sich die Fronten verhärten und das Niveau des Streits sinkt. Dabei bräuchten wir doch gerade die visionäre und kreative Auseinandersetzung der Kulturschaffenden mit dem Urheberrecht, statt deren lahme Besitzstands-Wahrungs-Mentalität. Aber auf derart blöde Aktionen können situierte Künstler natürlich nur mit nem Selbstverteidigungsreflex reagieren. Künstler eben.

  • A
    arribert

    Man sieht, dass nur Ahnungslose in der Medienbranche unterwegs sind. Die Daten sind alle frei verfügbar. Die Aktion von (angeblich) Anonymous ist trotzdem doof, weil sie vollkommen sinnlos ist. Das macht die Gegenseite bei der es noch genügend Internetausdrucker gibt, nur stärker...

  • BS
    BEHINDERTE SEXUELLE AUSBEUTEN

    AUSBEUTER!

     

    So weit kommt es noch daß die vermeintlich BEHINDERTEn das STEUERAUFKOMMEN erarbeiten von dem es sich die Beamten wohlgemerkt fürs arrogante rotzferche Nichstun gut gehen lassen!

     

    Haben die importierten "EHENUTTEN" mit steuervorteilfinanziertem Pelzmantel auf Kosten der arbeitenden Singles wieder zuviel gekokst?

     

    Das ist genau der Grund warum ich mich extrem viel mit "der Basis" unterahlte. Ich will beispielsweise Marktforschungs-Infos nicht duch den FILTER eines Vorzimmers.

     

    http://villon.urlto.name

     

    schwäbisch: "geht SCHAFFE!" Kinderkriegen ist keine notwendige Arbeit so lang kein Schwund entsteht dadurch daß Alte wegsterben!

  • M
    miesgelaunter

    "Besonders störe ihn das Argument, wer für Urheberrechte eintritt, beschneide die Freiheit im Internet"

     

    und mich stört besonders die behauptung, irgendwer wolle das urheberrecht abschaffen. meint ihr etwa die piraten? die werden 1. in den nächsten jahren nicht in regierungsverantwortung kommen und 2. das urheberrecht nicht abschaffen, sondern reformieren. und das ist richtig so.

     

    mich würde mal interessieren, was all die künstler, die sich vor den karren dieser dämlichen aktion haben spannen lassen, zu der frage sagen, wann das urheberrecht denn aufhört oder anders gesagt: wenn ich alben von michael jackson oder filme von hitchcock kostenlos verteile oder beziehe, welchem urheber schade ich da? die sind doch tot verdammt nochmal!