Anonymer Krankenschein: Ein Papier für Papierlose
Der Berliner Senat prüft die Einführung eines anonymen Krankenscheins, mit dem die geschätzt 100.000 Berliner ohne Papiere leichter zum Arzt gehen könnten.
In Berlin wird geprüft, ob es künftig anonyme Krankenscheine geben kann für illegal in Berlin lebende Menschen. Dies bestätigte Benjamin Hoff (Linkspartei), der Staatssekretär für Gesundheit. "Kommen wir zu dem Schluss, dass der anonyme Krankenschein die beste Lösung für die bessere Gesundheitsversorgung für Illegalisierte ist, dann machen wir das", sagte Hoff.
Nach Schätzungen von Flüchtlingsorganisationen und Wohlfahrtsverbänden leben eine Million Menschen in Deutschland ohne Aufenthaltsstatus, allein in Berlin etwa 100.000. Dass deren Gesundheitsversorgung völlig unzureichend ist, kritisieren Wissenschaftler, Medizinpersonal und Flüchtlingsorganisationen schon lange.
Kostenträger müssen - nach jetzigem Recht - Papierlose, die medizinisch behandelt werden, melden. Aus Angst, registriert und abgeschoben zu werden, verschleppten viele illegal in der Stadt lebende Menschen deshalb selbst schwere Krankheiten wie Krebs und Lungenentzündungen, mahnte die Berliner Ärztin Adelheid Franz schon vor Wochen auf einer Fachtagung in Bremerhaven.
Derzeit können sich illegal in der Stadt lebende Kranke und Schwangere nur darauf verlassen, dass sie Ärzte oder Ärztinnen finden, die sie behandeln, ohne ihre Personalien festzustellen. Hilfsorganisationen wie die Malteser Migranten Medizin Berlin, bei der Adelheid Franz arbeitet, oder auch das Büro für medizinische Flüchtlingshilfe Berlin unterstützen die Betroffenen. Finanziert werden die Arztleistungen über Spenden. Der Bedarf sei steigend. Während die Berliner Anlaufstelle der Malteser 2007 noch rund 3.200 Menschen behandelt habe, seien es dieses Jahr etwa 1.000 Menschen mehr.
Gesundheit und Bildung sind ein Menschenrecht. Dies betont auch Gesundheitsstaatssekretär Hoff. Deshalb gibt es bereits Regelungen, dass Kinder Illegaler in Berlin die Schule besuchen können, ohne registriert zu werden. Gleiches solle nun für die Gesundheitsversorgung gelten, meint Hoff.
Mit Krankenscheinen, die ihre Identität nicht preisgibt, könnten sich papierlose Kranke behandeln lassen. Zudem wäre das Honorar des Arztes garantiert. Bevor sich der Senat jedoch für dieses Modell ausspreche, müssten Rechts- und Haushaltsfragen geklärt werden, so Hoff. Zudem sei über den Gesundheitszustand der Illegalisierten wenig bekannt.
"Menschen ohne Papiere brauchen den gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung", fordert Jens-Uwe Thomas vom Flüchtlingsrat. Die bisher gemachten Vorschläge des Senats mit spendenfinanziertem Fondsmodell reichten nicht aus. "Das machen die Berliner doch schon." Den tatsächlichen Bedarf decke das nicht. "Das geht nur über anonyme Krankenscheine oder anonyme Chipkarten. Berlin kann da Vorreiter werden."
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