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Ein bisschen HaushaltAlles für den Koalitionsfrieden

Anna Lehmann

Kommentar von

Anna Lehmann

Vergleichsweise geräuscharm geht der Bundeshaushalt für 2026 durch den Bundestag. Die tatsächlichen Konflikte kommen jedoch garantiert.

Lars Klingbeil (SPD), u. a. Bundesminister der Finanzen, spricht während der Sitzung des Bundestags zum Auftakt der Haushaltswoche Foto: Elisa Schu/dpa

N ie hat der Staat mehr Geld ausgegeben: rund 525 Milliarden Euro werden es im nächsten Jahr sein. Rekordverdächtig hoch sind auch die Schulden: Über 100 Milliarden neue Kredite nimmt die schwarz-rote Regierung auf, zusammen mit dem Geld aus den Sondertöpfen ergibt sich die zweithöchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik. Kein Problem, wenn dieses Geld gut investiert wird. Problematisch ist, dass die Investitionen schöngerechnet und die Lastenverteilung ungerecht sind.

Die schwarz-rote Regierung lobt sich dafür, dass sie über 120 Milliarden Euro in Schienen, Straßen und Verteidigung steckt. Das ist auch nötig, die Infrastruktur ist heruntergerockt und für Sicherheit fühlen sich die USA nicht mehr zuständig. Die Opposition kritisiert aber zu Recht, dass ein erheblicher Teil der neuen Investitionen eigentlich altes Geld sind. Das wird im Kernhaushalt eingespart und durch Kredite aus den Sondertöpfen ersetzt, die doch eigentlich nur für zusätzliche Investitionen vorgesehen sind. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft wird jeder zweite Euro auf diese Weise zweckentfremdet.

Schwarz-Rot verschafft sich so Luft, um Lieblingsprojekte der jeweiligen Partei wie die Mütterente (CSU), die Frühstartrente (CDU) oder die untere Fixierung des Rentenniveaus (SPD) im Haushalt zu finanzieren. Noch ist das Rentenpaket nicht beschlossen, aber fest steht: Das wird teuer. Andererseits wird kaum gespart. Der Haushalt 2026 ist somit auch ein Haushalt für den Koalitionsfrieden, alle bekommen was, niemand muss abgeben.

Das wird sich aber in den kommenden Jahren ändern. Weil die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben weiter wächst und weil auch Kredite kosten: Allein für das kommende Jahr sind Zinszahlungen in Höhe von 34 Milliarden Euro vorgesehen. Die Lastenverteilung wird die zentrale Frage für kommende Haushalte: Bezahlt weiterhin die Mitte der Gesellschaft mit ihren Steuern und Abgaben oder werden endlich auch Vermögen mit einbezogen? Streit ist vorprogrammiert.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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