Anna Klöpper staunt, wie weit Verwaltung und Eltern beim Thema Inklusion auseinander liegen: Alle Möglichkeiten eingeschlossen
Esist nicht ohne Ironie, dass ausgerechnet beim Thema Inklusion die wesentlichen Akteure zerstritten sind. Alle gemeinsam, weil so alle am meisten voneinander profitieren – auf diesen Grundgedanken der inklusiven Schule können sie sich einigen: die Senatsverwaltung für Bildung, Interessenverbände, Elterngremien.
Trotzdem traf sich am Donnerstagabend eine „Bündnisveranstaltung schulischer Elternschaft“ zum „Gipfeltreffen Inklusive Schule“ im Rathaus Schöneberg; die Senatsverwaltung kontert an diesem Samstag mit ihrem „Fachforum Inklusion“ in der Friedrich-Ebert-Stiftung, das sich ebenfalls an Eltern richtet. Kinderbetreuung inklusive.
Kontert? Ach nein, so würde sie das nicht sehen, sagt eine Sprecherin von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD): „Wir haben die Initiatoren der Bündnisveranstaltung ausdrücklich zu den Diskussionen auf dem Fachforum eingeladen.“
Danke, kein Interesse, winkt man dort ab. „Da werden dann fertige Beschlüsse aus der Senatsverwaltung vorgestellt und man darf Fragen stellen – eine echte Beteiligung ist das nicht“, sagt Günter Peiritsch, Sprecher der AG Inklusion im Landeselternausschuss.
Beleidigt zurückgezogen
Mangelnde Beteiligung im Fachbeirat Inklusion – das war auch die offizielle Begründung, warum die AG sich im vergangenen Jahr beleidigt aus dem beratenden Gremium zurückzog, das seit drei Jahren in der Senatsverwaltung die Hintergrundarbeit für Senatorin Scheeres’ politisches Leib-und-Magen-Projekt macht. Also fräst man sich am Donnerstagabend mit viel Geduld und basisdemokratisch korrekt – nach einer Stunde ist der erste Punkt der Präambel abgearbeitet, gestrichen wird ein Nebensatz – durch einen eigenen Resolutionsentwurf zur inklusiven Schule.
Es geht um wichtige Themen: etwa, dass die inklusive Schule noch immer nicht im Schulgesetz festgeschrieben ist, Regelschulen also Kinder mit Förderbedarf ablehnen können. Oder dass es bei leichteren Förderbedarfen nur noch Teilpauschalen für mehr Lehrerstunden gibt. Wie sehr den Eltern diese tatsächlichen Missstände auf den Nägeln brennen, merkt man auch daran, dass sie um jedes Wort feilschen. Der Abend ist ihnen wichtig, der Frust groß. „Wir müssen die Politik zwingen, mehr Ressourcen in die Inklusion zu geben“, ruft ein Vater.
Ein Anfang wäre vielleicht auch, einfach mal wieder miteinander zu reden. Gemeinsam stark, und so.
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