piwik no script img

Anhörungen für US-Supreme-CourtRechtsstaat von rechts bedroht

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Die Kandidatin für den US-Supreme-Court, Ketanji Brown Jackson, ist Top-Juristin – und wird als Linksradikale beschimpft. Das schadet dem Justizsystem.

Ketanji Brown Jackson am dritten Tag ihrer Anhörung Foto: Ken Cedeno/imago

A m Ende wird Ketanji Brown Jackson vom Senat als erste Schwarze Richterin am Obersten Gerichtshof der USA bestätigt werden, auch wenn es im Justizausschuss gerade nur zu einem Patt zwischen De­mo­kra­t*in­nen und Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen gereicht hat. Aber was die Richterin sich während der Anhörungen von rechts bieten lassen musste, schadet dem gesamten Justizsystem.

Sicher, die Frage der Besetzung des Supreme Court ist schon lange ein Politikum. Da der gespaltene Kongress immer weniger handlungsfähig ist, laufen größere Gesetzesreformen zuletzt oft über einzelne Bundesstaaten, die ihre Regelungen dann vor dem Obersten Gericht verhandeln lassen – mit dem Effekt, dass sie schließlich fürs ganze Land gelten, obwohl sie nie durch den Kongress gegangen sind. Da ist es schon wichtig, wer die neun Menschen sind, die die Verfassung interpretieren.

Aber deren Urteil muss von Politik und Bevölkerung als legitim und bindend akzeptiert werden. Was passiert, wenn das nicht geschieht, konnte 2020/21 verfolgt werden: Trumps von Millionen Menschen geteilte Lügen und Justizverachtung bedrohten das rechtsstaatliche Gefüge der USA im Ganzen.

Wenn jetzt eine erfahrene Harvard-Absolventin mit allerbesten Referenzen von republikanischen Senatoren als Linksradikale beschimpft wird, soll damit das Vertrauen in sie noch vor dem ersten Urteil erschüttert werden. Das unterhöhlt jene Gewalt, die über die Einhaltung der Gesetze durch die Exekutive wachen soll.

Brown Jackson wird im Gerichtshof den liberalen Stephen Breyer ersetzen, der mit 83 Jahren vom Amt zurücktritt. Der Rücktritt ist reine Prävention: Niemand würde derzeit darauf wetten, dass der nächste Präsident nicht wieder Donald Trump heißt, und wenn der noch einen weiteren Richterposten besetzen könnte, würde das eine konservative 7:2-Mehrheit im Gericht bedeuten, die in Jahrzehnten nicht umzukehren wäre. Aber dass in den USA überhaupt so gedacht werden muss, ist ein Armutszeugnis für das Land, das sich noch immer als Führungsmacht der Demokratie begreift.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Die Republikaner zeigen in diesem Fall sowie sowie mit Trump als Wunschfrontfigur einfach ihr wahres Gesicht - nicht mehr - nicht weniger.

  • Nuja, die GOP hält inzwischen jeden links von David Duke für linksradikal. So what ...

    • @Kaboom:

      Das wir das mittlerweile als normal ansehen, ist glaube ich das beste Anzeichen, dass es ein ernstes Problem gibt in den USA.