Angriff auf Friedensfest in Hamburg: Zerschlitzte Zeltplanen

Das Zelt des Friedensfestes auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg ist zerstört worden. Die Veranstalter vermuten einen rechtsextremen Hintergrund.

Das zerschlitzte Zelt des Friedens­festes auf dem Ohlsdorfer Friedhof.

Die seitlichen Planen wurden zerschlitzt: Zelt des Friedens­festes auf dem Ohlsdorfer Friedhof Foto: Ohls­dorfer Friedensfest 2023

HAMBURG taz | Schon zum zweiten Mal wurde das Friedensfest auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg Ziel eines Anschlags, der womöglich politisch motiviert war. Bereits 2019 wurde das Zelt, in dem Veranstaltungen stattfinden, angegriffen. Wer hinter dem Anschlag vor vier Jahren steckt, ist nicht bekannt. Vergangene Woche nun wurde fast das komplette Veranstaltungszelt zerstört, indem Planen zerschnitten wurden. Es entstand ein Sachschaden von rund 6.000 Euro.

Der Angriff habe sich wahrscheinlich in der Nacht von Donnerstag auf Freitag ereignet, meint Lutz Rehkopf vom „Bündnis Ohlsdorfer Friedensfest“. Er habe erst am Freitag durch Passanten von den Schäden erfahren und am Samstag Anzeige wegen Sachbeschädigung und Hassverbrechen bei der Polizei Hamburg erstattet, „damit die politische Dimension deutlich wird“.

Das Friedensfest Ohlsdorf findet seit 2009 statt, um ein konstruktives, antifaschistisches Erinnern an die Serie von Luftangriffen der „Operation Gomorrha“ vom 24. Juli bis zum 3. August 1943 auf Hamburg, die sogenannten Bombennächte, zu ermöglichen. Gefeiert werde die spätere Befreiung vom Nationalsozialismus durch die Allierten, so Rehkopf. Zuvor wurden zwischen 2003 und 2008 am selben Ort, an den Gräbern der Bombenopfer, zahlreiche Kundgebungen von Rechtsradikalen abgehalten, die dort versuchten, die Verbrechen der Nazis zu relativieren.

Durch den Anschlag werde die Relevanz des Erinnerns wieder einmal deutlich, sagt Ole Borgard, stellvertretender Landesleiter bei Ver.di Hamburg. „Auch 90 Jahre nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler und dem Beginn der NS-Diktatur bleiben beharrliches Erinnern und die Verteidigung unserer Demokratie gegen rechtsextreme, demokratiefeindliche oder diskriminierende Bestrebungen unbedingt notwendig.“

Der Friedhof Hamburg-Ohlsdorf, 1877 eingeweiht, ist mit 389 Hektar der größte Parkfriedhof der Welt – allerdings nicht der größte Friedhof überhaupt. Über das Areal verteilen sich heute rund 202.000 Grabstätten, seit Gründung wurden mehr als 1,4 Millionen Beisetzungen durchgeführt.

Mehrere Grabfelder und Gedenkorte sind Menschen gewidmet, die durch Kriegseinwirkungen zu Tode kamen oder Opfer nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen, Verschleppung und Vertreibung wurden. Sie haben dauerhaftes Ruherecht und sollen „für zukünftige Generationen die Erinnerung daran wach halten, welche schrecklichen Folgen Krieg und Gewaltherrschaft haben“.

Auch Borgard geht von einem politischen Hintergrund aus. „Die klare politische Ausrichtung des Ohlsdorfer Friedensfestes und auch die Tatsache, dass dieses – nach 2019 – bereits der zweite Anschlag auf das Veranstaltungszelt ist, lassen uns vermuten, dass die Tä­te­r*in­nen aus dem rechten oder rechtsextremen Spektrum stammen.“ Offensichtlich sei das Ziel des Angriffs, die Fortsetzung des Festes zu verhindern.

Doch Rehkopf will sich nicht einschüchtern lassen. „Wir konnten das Fest fortsetzen und hätten es so oder so fortgesetzt“, sagt er. „Gerade jetzt ist es dringend notwendig.“

Am Sonntag endete das Fest wie geplant mit einem Vortrag des Historikers Wolfgang Kopitzsch und des Juristen Hans-Peter Strenge über den kommunistischen Aufstand in Hamburg 1923, die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 und die Bombenangriffe des Jahres 1943. Im kommenden Jahr soll das Friedensfest wieder stattfinden.

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