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Angriff auf Botschaft Irans in SyrienGefährliche Provokation

Julia Neumann
Kommentar von Julia Neumann

Mit den Angriffen auf die iranische Botschaft in Damaskus riskiert Israel eine weitere Eskalation. Dass es zur Vergeltung kommen wird, ist absehbar.

Etwas lahmer Protest in Teheran gegen den israelischen Luftangriff auf das iranische Konsulat in Damaskus am 1. April 2024 Foto: Rouzbeh Fouladi/imago

I sraels Angriff auf die iranische Botschaft in Syrien ist eine eindeutige Provokation. Auch wenn bei den Angriffen hochrangige Befehlshaber der iranischen Revolutionsgarden und nicht der Botschafter getötet wurden, so ist der Ort des Angriffs kein militärisches Ziel, sondern ein diplomatisches. Der Angriff droht die Situation extrem zu eskalieren.

Auch wenn man es nicht als Kriegserklärung an den Iran betrachten will: Mit der Ermordung zweier ranghoher Kommandeure der Al-Kuds-Brigaden erhöht Israel massiv den Druck und zwingt fast schon zu einem Vergeltungsschlag. Syrien wie auch Libanon sind seit Monaten Kriegsschauplätze, in denen Israel den Preis für Frieden weiter in die Höhe treibt. Immer wieder gab es israelische Angriffe, die als Eskalation gelesen werden können: auf den Flughafen in Damaskus und mit dem Einsatz von weißem Phosphor im Libanon.

Nach und nach hat Israel die Ziele ausgeweitet: auf hochrangige Kommandeure wie auch ins Landesinnere des Libanon, etwa mit der gezielten Tötung des Hamas-Anführers Saleh al-Aruri in Beirut Anfang Januar. Auch wenn es Israels erklärtes Ziel ist, die Hisbollah bis 30 Kilometer hinter die Grenze zum Libanon zu zwingen, griffen israelische Militärflugzeuge bis zu 100 Kilometer weit im Landesinneren an, wie im östlichen Bekaa-Tal.

Israel ignoriert rücksichtslos die – teilweise gemeinsam definierten – roten Linien der Kriegsführung und internationales Recht. Die Führung in Teheran hat klargestellt, keinen ausgeweiteten Krieg zu wollen. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah betont in seinen Reden, dass die Milizen mit ihren Angriffen Israel zur Waffenruhe in Gaza zwingen möchten. Obwohl die Milizen nun hinreichend deutlich gemacht haben, dass sie einen permanenten Waffenstillstand wollen, eskaliert Israel die Situation weiter.

Deutschland und die USA, als größte Waffenlieferanten an Israel, müssen Waffenexporte stoppen, endlich mehr diplomatischen Druck ausüben und sich für ein Ende des Krieges einsetzen. Der Westen hat seinen diplomatischen Einfluss auf Israel verspielt.

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Julia Neumann
Korrespondentin Libanon
Auslandskorrespondentin für Westasien mit Sitz in Beirut. Hat 2013/14 bei der taz volontiert, Journalismus sowie Geschichte und Soziologie des Vorderen Orients studiert. Sie berichtet aus dem Libanon, Syrien, Iran und Irak, vor allem über Kultur und Gesellschaft, Gender und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Für das taz Wasserprojekt recherchiert sie im Libanon, Jordanien und Ägypten zu Entwicklungsgeldern.
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7 Kommentare

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  • Wer jetzt noch Waffen schickt macht sich mitschuldig. Eigentlich hätten Waffenlieferungen bereits nach dem vorläufigen Urteil des IGH im Januar gestoppt werden müssen. Das die USA nicht viel von internationalen Gerichten halten ist bekannt, aber erkennt Deutschland deren Rechtssprechung jetzt auch nicht mehr an? Das macht zumindest den Anschein, denn unser Bundeskanzler hatte ein Urteil parat, bevor das Verfahren überhaupt begann. Nur lag er mit seinem Urteil falsch, so wie jeder andere deutsche Politiker der für die Anklage keine Grundlage sah.



    Die UN hat bereits vor Wochen davor gewarnt, das jeder der jetzt noch Waffen schickt, sich an Kriegsverbrechen mitschuldig machen könnte. Wurde hier in Deutschland überhaupt mal ein Rechtsgutachten eingeholt? In GB gibt es gerade einen mittelmäßigen Skandal wegen sowas: UK government lawyers say Israel is breaking international law, claims top Tory in leaked recording (The Guardian).



    So wie ich unser Gesetz lese dürften Kriegswaffen überhaupt nicht genehmigt werden für Israel. Kriegswaffenkontrollgesetz: § 6 Versagung der Genehmigung- (3) 2.



    Grund zu der Annahme besteht, daß die Erteilung der Genehmigung völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik verletzen oder deren Erfüllung gefährden würde. Wir haben die Genfer Konventionen unterschrieben oder nicht? Eine Konvention gegen die Israel seit 1967 mit dem Siedlungsbau verstößt.



    Die EU hat ein Handelsabkommen mit Israel, in dem festgelegt ist das Menschenrechte gewahrt werden müssen. Wie ist das zustande gekommen, wenn seit Jahrzehnten so ziemlich jede Menschenrechtsorganisation sagt, das die Menschenrechte der Palästinenser eben nicht gewahrt werden? (Obwohl mich das auch nicht wundert, der Westen schaut ja gern bei sowas weg, wenn es geld zu machen gibt.)

  • Der Druck auf den IRAN und seine Terrormilizen rund um Israel muss so stark erhöht werden, dass IRAN endlich aufhört Israel das Existenzrecht abzusprechen.

    Nur ein starkes Israel, dass jeden, der am Massaker im Oktober 2023 beteiligt war, findet und bestraft, kann überleben.

    Die Verfolgung von Terroristen, auch über Landesgrenzen hinweg ist die einzige legitime Möglichkeit, das zu erreichen.

    Jeder islamofaschistische Terrorist muss wissen, dass er nirgendwo auf der Welt sicher ist.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Das sehe ich auch so. Der Iran führt seit Jahren Krieg gegen Israel, indirekt über sog. Proxys. Hamas, Huthie, Hisbollah. Der Südlibanon ist eigentlich demilitarisierte Zone, bewacht durch die UN. Aber die lässt die Hisbollah schalten und walten. Momentan sind ca. 60.000 Israelis aus Nordisrael umgesiedelt wegen der dauernden Angriffe.

    • @Gnutellabrot Merz:

      "Die Verfolgung von Terroristen, auch über Landesgrenzen hinweg ist die einzige legitime Möglichkeit, das zu erreichen."-das ist nicht legitim sondern sogar gegen das Völkerrecht sagt unsere Bundesregierung: Wissenschaftliche Dienst des Bundestages (Völkerrechtliche Aspekte des Konflikts zwischen Iran und den USA) nach der Tötung des iranischen General Soleimani in Bagdad durch einen US-Drohneneinsatz: "Verteidigung dient der unmittelbaren Gefahrenabwehr, nicht dagegen der Vorbeugung. (...)Ein Terrorist, der momentan keine unmittelbare Bedrohung darstellt, ist kein zulässiges Verteidigungsobjekt. Ein krimineller Hintergrund für sich genommen rechtfertigt keine gezielte Tötung. Allein der günstige Moment, sich eines mutmaßlichen Terroristen zu entledigen, begründet keine Gefahren- und damit keine Selbstverteidigungslage."



      Zudem genießen Botschaftsgelände durch das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen besonderen Schutz. Das mag ihnen nicht gefallen, aber wenn es zur Norm wird sowas zu machen, was hält dann Staaten die uns nicht wohlgesonnen sind, davon ab das gleiche zu tun? Sie schaffen damit einen gefährlichen Präzedenzfall, der mächtig nach hinten los gehen kann.

  • Nach dem furchtbaren Terrorangriff der Hamas musste Israel reagieren und sich wehren.

    Dafür gab es mit Recht weltweite Unterstützung und Solidaritätsbekundungen - auch von Deutschland, das aufgrund der historischen Schuld eine besondere Verantwortung trägt.

    Durch das unangemessene militärische Vorgehen im Gazastreifen und das massenhafte Töten von palästinensischen Zivilisten ist Israel inzwischen längst vom Opfer zum Täter geworden.

    Mit Raketenangriffen auf Menschen und Gebäude im benachbarten Ausland hat das Israelische Militär schon lange Grenzen internationalen Rechts überschritten.



    Von der schon länger andauernden Drangsalierung der Palästinenser im Westjordanland durch bewaffnete israelische "Siedler" unterstützt vom Militär ganz zu schweigen.

    Freundliche Apelle und Aufrufe, selbst Verurteilungen des israelischen Vorgehens haben bisher an der Haltung der rechtsnationalen Regierung nichts geändert.

    Es wird Zeit, durch Sanktionen den Druck auf die israelische Regierung zu verstärken, auch um die demokratischen, friedlebenden Kräfte im Land zu unterstützen.

    • @Bürger L.:

      Wie kommen sie darauf, dass das israelische Militär vorsätzlich arabische Zivilisten tötet? Ich habe diese Information nicht. Ich höre nur sehr zweifelhafte Angaben durch die radikalislamistische Hamas. Und der glaube ich kein Wort, übrigens auch nicht der UN und deren Organisationen. Die sind ein Teil der Propaganda. Meine Meinung.

      • @davber:

        Ach wissen sie..... vorsätzlich oder versehentlich. Tot ist Tot auf beiden Seiten.



        Ich vermute mal, sie werden keiner Quelle glauben, die nicht in ihr Weltbild passt - aber laut "Statista" sind

        "Seit dem Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf israelisches Staatsgebiet¹ am 07. Oktober 2023 rund 1.200 israelische und ausländische Todesopfer und mehr als 5.431 Verletzte in Israel verzeichnet worden (die israelischen Behörden haben laut Quelle frühere Angaben revidiert; der Großteil der Opfer ist auf die Angriffe des 07. Oktober zurückzuführen).

        Im Gazastreifen sind durch Gegenschläge des israelischen Militärs gegen Hamas circa 32.490 Menschen gestorben, circa 74.889 wurden verletzt."