piwik no script img

Angezapftvon Jörn Kabisch

Lange Zeit hatte man das Gefühl, an München geht der neue Trend zu handwerklichen Bieren vorbei. Das ändert sich gerade gewaltig. Es entstehen Stadtteilbrauereien. In Großhadern im Westen hat eben eine Biobrauerei eröffnet, im Süden vor den Toren der Stadt hat sich eine Brauereigenossenschaft gegründet.

Pioniere gibt es allerdings seit Jahren. Da ist zum einen CrewRepublik, für exzellente Interpretationen amerikanischer Bierstile bekannt, und zum anderen seit inzwischen zehn Jahren Giesinger Bräu. 2006 hatte es die Bierkessel noch in einer Garage stehen, heute residiert die Brauerei in einem ehemaligen Umspannwerk auf der Isar­anhöhe. Es war die erste Gründung einer Privatbrauerei seit 1889 in der Landeshauptstadt.

Seit vorigem Jahr bietet Giesinger neben dem normalen bayrischen Programm aus Hell, Dunkel und Weizen auch ein paar Spezialitäten an und hat ein Bier hineingeschmuggelt, das so gar nicht nach München passt, ein Doppel-Alt nämlich. Altbier ist ein dunkles, obergäriges Bitterbier, das vor allem Freunde im Rheinland hat, seine Hauptstadt ist Düsseldorf.

Wird es als Starkbier eingebraut, heißt es – ganz ähnlich wie die Doubles im nahen Belgien – Doppel-Alt. Gebraut wird es nur noch selten, vor allem die Düsseldorfer Uerige-Brauerei hält die Tradition mit dem „Doppelsticke“ hoch.

Das Alt fließt schwarz und undurchsichtig ins Glas, nur einige orange Akzente sind zu sehen. Der Schaum ist ansehnlich, Aromen von Nuss und Karamell umspielen die Nase, auch eine leichte Säure. Beim ersten Schluck entwickelt das Doppel-Alt einen ausgeprägt sahnigen Schmelz. Die weiche Samtigkeit wird von der kräuterigen Bitternote des Hopfens, Hallertauer Tradition, abgelöst. Im Übergang dringen durch die röstige Malzigkeit Obsteindrücke, vor allem getrocknete Apfelringe. Kaffeebitter, wie es sich für ein Alt gehört, klingt das Bier aus. Das ist sicher nichts für jeden Geschmack, vor allem pur genossen.

Natürlich passt es zu Desserts. Noch komplexer entwickeln sich das Bier und seine Fruchtaromen zu asiatischem Schweinebauch mit Koriander-Ingwer-Pesto.

Doppel-Alt, Giesinger Bräu München, Stammwürze 17 %, Alkohol 7 % vol.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen