Anerkennung von Berufsabschlüssen: Jeder Ausländer darf zur Prüfung
Die Ausbildung von rund 300.000 ausländischen Fachkräften ist nicht anerkannt. Das Kabinett beschließt, dass alle ausländischen Abschlüsse künftig zu prüfen sind.
Für polnische Handwerker und kolumbianische Ärzte soll es leichter werden, in Deutschland beruflich Fuß zu fassen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch das seit langem erwartete Gesetz zur besseren Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Die Bundesregierung hofft, bis zu 300.000 hier sesshafte Menschen als Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen.
"Das Gesetz ist Zeichen der Integration und einer neuen Willkommenskultur", sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), die das fast 300 Seiten starke Regelwerk als federführende Ministerin vorstellte. Nachdem es Bundesrat und Bundestag passiert hat, könnte es noch 2011 in Kraft treten.
Viele Zuwanderer, aber auch Deutsche haben im Ausland eine Ausbildung gemacht, gelten aber in Deutschland als ungelernt. Eine Anerkennung ihrer Berufe scheitert bislang daran, dass es keine bundesweit einheitlichen Maßstäbe und Verfahren gibt, um ausländische Qualifikationen zu bewerten. Eine Ingenieurkammer in Hamburg entscheidet anders als die in Sachsen. Zudem haben bisher nur Spätaussiedler und EU-Bürger einen Anspruch auf Prüfung ihrer Qualifikationen.
Nun sollen auch Menschen aus sogenannten Drittstaaten bei Kammern und Behörden vorstellig werden dürfen. "Niemand kann mehr abgewiesen werden", sagte Schavan. Passen ihre Qualifikationen ins Raster der 350 Ausbildungsberufe oder der durch Bundesgesetz geregelten Berufe, erhalten die Bewerber drei Monate nach Abgabe aller Unterlagen Bescheid, ob ihre Ausbildung anerkannt ist, sie sich nachqualifizieren müssen oder abgelehnt wurden. Bei der Entscheidung soll berufliche Erfahrung einbezogen werden. Interessenten können sich über eine zentrale Hotline informieren.
Gesetz ein "Riesenschritt"
"Die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen ist ein wichtiger Beitrag zur dringend notwendigen Fachkräftesicherung", sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Die Regierung hofft vor allem auf dringend benötigte Techniker, Pfleger und Ärzte. Letztere werden sich als ausländische Bürger erstmals in Deutschland niederlassen dürfen. Ein iranischer Arzt etwa erhält bisher keine Approbation, selbst wenn er hier studiert hat. Entscheidend ist der Pass.
Bettina Englmann vom bundesweiten Netzwerk "Integration durch Qualifizierung" lobt das Gesetz als "Riesenschritt". Das Netzwerk begleitet die Situation von Migranten wissenschaftlich und berät Zuwanderer praktisch. "Wir haben jeden Tag mit Menschen zu tun, die an der Bürokratie gescheitert sind", berichtet sie. Für diese Menschen gebe es nun erstmals eine gesicherte rechtliche Grundlage.
Für Lehrer und andere Berufe in Verantwortung der Länder wird sich zunächst nichts ändern. Man sei aber im Gespräch mit den Ländern, sagte Schavan und appellierte an diese, ihre verschiedenen Lehramtsstudiengänge miteinander in Einklang zu bringen: "Es wäre doch ein Witz, wenn ein ausländischer Lehrer überall anerkannt würde, aber jemand, der in Hamburg studiert hat, nicht in Dresden."
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