Andreas Speit Der rechte Rand: Wie ein AfD-Verbot die CDU entzweit
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther steht in seiner CDU ziemlich allein da: Mit allen Kräften möchte seine mit den Grünen koalierende Landespartei einen Verbotsantrag der Bundesregierung gegen die AfD unterstützen. Nur ist diese robuste Grenzziehung zur selbsternannten Alternative in der Führung der Bundespartei nicht sonderlich erwünscht.
Am vergangenen Freitag offenbarte sich, dass Bundeskanzler Friedrich Merz und Bundestagsfraktionschef Jens Spahn bei der geplanten Wahl der Bundesverfassungsrichter:innen keine einheitliche Linie in ihren Reihen entwickeln und einhalten konnten. Die CDU unter Merz und Spahn laviert zwischen einen moderat-liberalen Konservatismus und einem radikal-antiliberalen Konservatismus. Folglich fehlte die nötige Zustimmung für die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf, die eine liberale Einstellung bei der Thematik Abtreibung vertritt. Mit der Abwehr der zuvor vereinbarten SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht unterstützte die CDU letztlich eine Kampagne der AfD, die gegen die Juristin mobilisiert hatte.
Diese innerparteiliche Ambivalenz findet sich auch bei der Frage, ob man ein Verbot der AfD unterstützen soll. Im Bundestag steht die Union allein da – SPD, Grüne und Linke haben sich nach Parteitagsbeschlüssen für ein Verbotsantrag ausgesprochen. Doch gleichlautende innerparteiliche Forderungen wehrt Merz bislang ab, weil das nach „Konkurrenzbeseitigung“ riechen würde. Allerdings: Auf mancher Landes- und Kommunalebene ist für CDU-Politiker*innen die AfD nicht mehr nur reine Konkurrenz, sondern Teil einer potenziell gemeinsamen Machtkonstellation. Vereinzelte Zusammenarbeit gibt es jedenfalls schon.
Daniel Günther hält das für verwerflich. Er betont, „dass ein Staat sich selbst schützen muss“. Aus dem Grund hätten die Väter und Mütter die Option eines Parteiverbotsverfahrens geschaffen, so Günther im Mai gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung. Ein Antrag würde die Demokratie stärken, denn wenn ein „Rechtsstaat Verfassung und Gesetze nicht konsequent“ anwende, führe dies „zu einem „Vertrauensverlust“. Der Staat könne nicht einfach zugucken, wie eine Partei sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung wende.
Doch den Rest der CDU hat Günther bislang nicht überzeugt. Dennoch lösen seine Ansichten Sorgen in der AfD aus. Einhergehend mit der Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem versucht die AfD, sich weniger extrem zu präsentieren. Im Bundestag gab sich die Fraktion jüngst einen Verhaltenskodex zum „gemäßigten Auftreten im Parlament“. Die AfD-Landtagsfraktion in Niedersachsen hatte das auch schon mal versucht: Sie wollte politische Gegner und Flüchtlinge nicht mehr pauschal verunglimpfen und nicht mehr erwähnen, dass „das Demokratieprinzip in Deutschland abgeschafft werden“ solle. Allzu lange daran gehalten hatten sich die Abgeordneten seinerzeit nicht.
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