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Andreas Rüttenauer KulturbeutelAls die alte „Sportschau“ noch gut gewesen ist

Foto: taz

So ist das wohl, wenn man in die Jahre kommt. Da begegnet einem das Wort „Sportschau“ und schon läuft im Kopf eine Nostalgiemaschine an. Was waren das nur für tolle Zeiten, als sich das ganze Land samstags zur besten Vorabendzeit vor den Fernsehgeräten versammelt hat, um sich über den Spieltag in der Fußball-Bundesliga zu informieren! Gute Zeiten sind das in der Erinnerung natürlich, allein schon deshalb, weil sie alt sind. Heutzutage sind es im Schnitt keine vier Millionen Leute mehr, die zu den Videoschnipseln einschalten, die das Geschehen bei den Spielen am Samstagnachmittag zusammenfassen. Sie werden auch über die laufende Saison hinaus in der ARD zu sehen sein.

Die Bundesliga bleibt der „Sportschau“ treu. Besser vielleicht: Die „Sportschau“ bleibt der Bundesliga treu. 75 Millionen Euro soll die ARD der Deutschen Fußballliga bislang schon dafür gezahlt haben. Dabei sind die Bundesligaspiele am Samstagnachmittag ja längst so etwas wie die Resterampe des deutschen Profifußballs. Zeitgleich mit der „Sportschau“ findet das Spitzenspiel der jeweiligen Spielrunde statt und damit gewiss nicht in der einst so kultisch verehrten Vorabendsendung. Mit den Spielterminen am Sonntag werden ja vornehmlich die Klubs bedient, die unter der Woche ein Europapokalspiel zu bestreiten hatten. Spielen die besten Teams des Landes also gegeneinander, landen Bilder davon nur in den seltensten Fällen in der „Sportschau“. Wenn der FC Bayern gegen Borussia Dortmund spielt, ist das mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht in der „Sportschau“ zu sehen.

Das war früher natürlich ganz anders, als noch die besten Motorradfahrer des Landes die Filmaufnahmen von den Spielen nach Köln zum WDR gekarrt haben, damit dann dort ein Spielbericht zusammengeschnitten werden konnte. Früher war eben alles besser, auch wenn die Bilder schwarz-weiß gewesen sind und der Hinweis der Reporter, welche Mannschaft von links nach rechts spielt, durchaus wichtig war. Allein schon die Moderatoren! Wird je jemand die Spiele ansagen, der einen schöneren Namen hat als der moderierende Skilehrer Manfred Vorderwühlbecke? Es wird sich auch schwer ein besser Aussehender finden.

Als legendär darf man getrost auch Ernst Huberty bezeichnen, den freundlichsten Sportlangweiler aller Zeiten, der mit seinen emotionslosen Spielberichten selbst das hyperaktivste Kind schnell in den Schlaf reportieren konnte. Heutzutage rocken die Moderatorinnen und Moderatoren mit aufgeregter Stimme selbst den langweiligsten Kick bisweilen so enervierend zum Superevent hoch, dass man geneigt ist, ihnen eine Packung Ritalin zukommen zu lassen.

So etwas hätte es früher nicht gegeben, so wie es heute einen wie Heribert ­Faßbender nicht mehr gibt. Der Herr mit dem allerseits beliebten Kinnbart, an dem sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beim Zuschnitt seines Gesichtshaars ein Beispiel genommen hat, ist unvergessen. Die „Sportschau“ von gestern ist also bis heute stilbildend, was ältere Säcke wie der Autor dieser Zeilen von der „Sportschau“ dieser Tage wohl eher nicht sagen würden. Die 270.000 Menschen, die Esther Sedlaczek auf Instagram folgen, mögen das anders sehen. Und damit zurück in die angeschlossene Gegenwart!

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